Sucht in der Gesellschaft — ein Wort für eine vielfältige Problematik

Spricht man über Sucht, so assoziieren damit die meisten damit illegale Substanzen und die körperliche Abhängigkeit davon. Doch die Bundeszentrale für politische Bildung weist darauf hin, dass Sucht ein generelles Problem in unserer Gesellschaft ist und sich auf viele andere Bereiche des Lebens ausdehnt.

Denn neben den illegalen Drogen gibt es zahlreiche legale Substanzen und auch Aktivitäten, die psychisch abhängig machen können. So wird beispielsweise inzwischen nicht nur die Behandlung einer Alkoholabhängigkeit durch die Krankenkassen finanziert, sondern auch die Spielsucht ist als echte Sucht anerkannt, so dass ihre Therapie ebenfalls übernommen wird.


Glücksspielautomaten, Sportwetten und Rubbellose sind prädestiniert dafür, anfällige Menschen in den Bann zu ziehen. Es ist die Verlockung des schnellen Geldes und später das Bestreben, immer und immer wieder den vorrangegangenen Verlust auszugleichen. Oft fängt die Abwärtsspirale mit einer Glückssträhne an, die man wiederholen möchte. Das Risiko der Suchterzeugung variiert allerdings je nach Glücksspiel. Auf Beratungsportalen fragen Nutzer: „Bin ich süchtig weil ich alle zwei Wochen Lotto spiele?“ Die gängigen Lottospiele wie „6 aus 49“ haben im Verhältnis zu anderen Spielen allerdings ein geringes Suchtpotenzial. Auch bei regelmäßigem Spiel wird der gewöhnliche Lottokunde nicht alle halbe Stunde auf entsprechenden Websites nach den Lottozahlen und Lottoquoten schauen. Schuld daran ist die geringe Ereignisfrequenz. Sie macht Lotto für pathologische Spieler unattraktiv.


Das Problem ist, dass nahezu jedes menschliche Verhalten Suchtcharakter annehmen und die betroffene Person in ihrem Leben beeinträchtigen kann. Beispiele dafür sind Konsumsucht, Sexsucht, Waschzwang oder Internetabhängigkeit. Stress und Leistungsdruck begünstigen die Entstehung von Süchten. Ob es nun daran liegt, dass inzwischen insgesamt mehr Menschen psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen, oder daran, dass unsere Gesellschaft und Arbeitswelt den Einzelnen negativ beeinflussen, ist noch nicht eindeutig klar: Feststeht, dass immer mehr Menschen wegen Suchterkrankungen eine Therapie suchen.




Je höher die Ereignisfrequenz, desto höher das Suchtpotenzial bei Glücksspielen.


Die stark erhöhte Nachfrage wird jedoch zum Problem, denn es gibt zu wenige zugelassene Therapeuten, die Patienten aufnehmen können. So kommt es zu langen Wartezeiten, obwohl oft eine direkte Hilfe wichtig wäre. Die geringe Anzahl der Psychotherapeuten hängt mit der mangelnden Attraktivität des Berufes zusammen. Die Ausbildung ist langwierig und muss im Wesentlichen selbst finanziert werden, trotzdem bilden die Therapeuten hinsichtlich des Gehalts das Schlusslicht innerhalb der Arztgruppe.


Alternative Konzepte wie Online-Therapien sind zwar im Kommen und sollen effektiv und kostengünstig sein, können aber in vielen Fällen den lokalen Therapeuten nicht ersetzen. In unserer modernen Leistungsgesellschaft wird die Nachfrage an Therapeuten jedoch nicht sinken, denn der Arbeitsplatz ist oft ein wesentlicher Grund für die Abhängigkeit: Leistungsdruck, übermäßiger Stress und Versagensängste werden immer häufiger durch Alkoholkonsum oder andere Substanzen kompensiert. Außerdem steigt die Zahl der Arbeitnehmer, die leistungsfördernde Mittel einnehmen, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Dies geht von der regelmäßigen Einnahme von legalem Koffein bis hin zum Konsum von Amphetaminen. Der Schritt zu einer echten Sucht ist dann nicht mehr weit.


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