Vorgartentouristen haben immer Saison

Vorgärten sind wie Schaufenster. Wer seinen nicht hinter einer zu jeder Jahreszeit sichten Hecke oder einem anderen undurchsichtigen Schutzwall umgibt, spricht damit gewissermaßen schon eine Einladung aus: Sieh mich an!

, sagt der Vorgarten — und viele leisten dieser Aufforderung gern Folge.

Auf dem Weg zur Arbeit, beim Sonntagsspaziergang, beim Schlendern und im Vorübereilen: Einen Blick für die Vorgärten an seiner Strecke hat fast jeder übrig, und manche frönen sogar mit Begeisterung dem Hobby des Vorgartentourismus. Das lässt sich problemlos im eigenen Viertel ausüben, sofern es dort genug Vorgärten gibt. Enthusiasten fahren dazu aber auch quer durch die Stadt, bummeln durch die Viertel, in denen eine für sie besonders attraktive Vorgartenkultur gepflegt wird, und lernen auch im Urlaub neue Orte gern über das Betrachten der Vorgärten kennen.

Die, die selbst ein solches Schaufenster vor dem Haus oder der Wohnung haben, für dessen Pflege und Attraktivität sie verantwortlich sind, gehen an die Sache natürlich anders heran als solche, die sich dabei den Vorgarten ausmalen, auf den sie im Moment noch verzichten müssen: Der Vergleich mit dem eigenen Vorgarten ist immer präsent. Und wie bei der Wohnungseinrichtung oder der Wahl der Garderobe wird auch hier bewusst geprunkt und dezent weggelassen, geschlampt und geprotzt, kunstvoll arrangiert oder maßlos übertrieben.

Schmuckstück, florales Stiefkind, Baustelle oder Rumpelkammer: Vorgärten können vieles sein, vieles ausdrücken und meist schnell ihr Gesicht verändern.

In Gartenmagazinen, Fernsehsendungen oder auf den Wohn- und Einrichtungsportalen wird über Gartentrends diskutiert, beraten und berichtet, wie der Vorgarten gestaltet werden kann. Stilistische Geschlossenheit ist dabei ein wesentliches Kriterium: Fast alles geht, so lange es zusammenpasst und ein rundes Bild ergibt. Ob sich der eigene Vorgarten eher zur Ausgestaltung als Steingarten, englische Rasenfläche, blühendes Füllhorn oder minimalistische Zen-Oase anbietet, wird von Größe und Bodenbeschaffenheit ebenso bestimmt wie von Geschmack, Geldbeutelgröße und geplantem Zeitaufwand auf Seiten des Besitzers.

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