Weihbischof Schwaderlapp: „Mir liegt der Sonntagsschutz am Herzen“

Weihbischof Dominikus Schwaderlapp spricht über Priestermangel und Sprarmaßnhamen im Erzbistum Köln, die Missbrauchsdebatte in der Katholischen Kirche und die bevorstehende Landtagswahl.

Herr Schwaderlapp, Sie waren von 1993 bis 1996 Kaplan in Neuss. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Schwaderlapp: Man sagt ja, dass die erste Liebe besonders intensiv ist. Das war damals meine erste Stelle als Kaplan, und ich denke sehr gerne an diese Zeit zurück. Ich konnte sehr viel Jugendarbeit machen. Und ich habe sogar einen Schützenzug mit aus der Taufe gehoben.

Seit Ende März sind Sie als Kölner Weihbischof unter anderem für Düsseldorf, das bergische Städtedreieck und die Kreise Mettmann und Neuss zuständig. Wie gut kennen Sie ihren Pastoralbezirk?

Schwaderlapp: Ich kenne ihn natürlich aus meiner Zeit als Generalvikar. Aber in meiner neuen Funktion bin ich noch näher an den Menschen. Ich möchte bis Herbst mit jedem Pfarrer und jedem Pastoralteam in den 62 Seelsorgebereichen sprechen.

Das Erzbistum Köln gilt als finanzstärkstes Bistum. Dennoch gibt es auch hier Zusammenlegungen von Gemeinden und Personalmangel. Wie nehmen Sie die Stimmung an der Basis wahr?

Schwaderlapp: Die Sparmaßnahmen sind das eine. Da mussten wir harte Entscheidungen treffen, die noch nachwirken. Dennoch sind das eher Binnenthemen, die viele Fernstehende weniger belasten als den „inner circle“. Die größere Herausforderung wird das andere Thema sein: Wie geht es personell weiter? Und darauf müssen wir uns noch anders einstellen. Ich ermutige daher dazu, alle Kräfte, die wir haben, zu nutzen. Es gibt viele überzeugte Christen, die kein Amt in der Kirche haben, und dennoch andere mit ihrem Glauben anstecken können. Das ist ein großes Feld, das wir weiter entwickeln müssen. Alle Christen sind zum Zeugnis berufen.

Erwarten Sie weitere Sparmaßnahmen?

Schwaderlapp: Wir haben durch sparsame Haushaltspolitik dafür gesorgt, dass wir materiell eine gesunde Basis haben. Wenn wir darauf aufbauen und nicht mehr ausgeben als angemessen ist, hoffe ich, dass wir einige Jahre auskommen, ohne einen nächsten Schnitt machen zu müssen.

Sie gelten als Verfechter des Zölibats. Wird er angesichts des Priestermangels zu halten sein?

Schwaderlapp: Sendung des Priesters ist es, Jesus Christus in dieser Welt sichtbar und berührbar zu machen. Daher ist die Lebensform Christi für uns maßgeblich. Und er hat sich ganz an den Vater für die Menschen verschenkt. Der Zölibat ist die Lebensform, die diese Hingabe sichtbar macht. Wirkliche Erneuerung geht vor diesem Hintergrund nur durch ein Mehr an Hingabe, ein Mehr an Glauben aller Christen.

Die Missbrauchsdebatte hat der Kirche sehr geschadet. Wie ist der Stand der Aufklärung?

Schwaderlapp: Alle Fälle, die uns bekannt geworden sind, haben wir verfolgt und aufgearbeitet. Der Fokus richtet sich jetzt vor allem auf die Prävention. Wir verlangen Führungszeugnisse von den hauptamtlichen Mitarbeitern. Es gibt Schulungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendarbeit. Schließlich gehört zur Prävention auch eine Selbstverpflichtungserklärung zu unterschreiben. Aber trotz all dieser Maßnahmen kann niemand sagen: Das wird nie wieder vorkommen.

Sie wollen kirchliches Leben in der Umbruchzeit gestalten. Was meinen Sie damit?

Schwaderlapp: Es gibt die Versuchung, die Vergangenheit zu verklären. Das kann einen deprimieren. Und es gibt die Versuchung, jetzt schon einen Mangel, den man für die Zukunft erwartet, nachzuvollziehen. Beides ist eine Flucht aus der Gegenwart. Wir sollten jetzt das tun, was wir tun können. Und das ist eine ganze Menge. Wir haben dafür die finanziellen Ressourcen, wir haben Priester, und wir haben sehr viele engagierte Laien.

Welche Rolle spielen die neuen Medien in ihrer Arbeit, beispielsweise Facebook?

Schwaderlapp: Ich bin bei Facebook aktiv. Solche social networks bieten die Chance, mit jungen Menschen in Kommunikation zu treten — und damit beginnt jede Seelsorge.

Viele Protestanten beklagen, dass die Ökumene zu langsam voran kommt. Wie ist Ihre Meinung?

Schwaderlapp: Wenn wir in manchen Punkten nicht weiter kommen, beispielsweise in der Frage der Eucharistiegemeinschaft, sollten wir nicht versuchen, sie mit Gewalt zu lösen. Denn es ist wichtig zu respektieren, dass es hier Unterschiede gibt. Aber es gibt so viele andere Bereiche, wo wir zusammenarbeiten können. Die Frage nach Gott in der Gesellschaft muss unser gemeinsames Anliegen sein, oder dass Glaube nicht immer mehr ins Privatleben abgedrängt wird. Auch der Lebensschutz ist doch unsere gemeinsame Sorge.

Wir stehen in NRW kurz vor einer Wahl. Welche Erwartungen an die neue Landesregierung haben sie?

Schwaderlapp: Mir liegt der Sonntagsschutz am Herzen. Eine Woche ohne Sonntag ist ein Woche mit nur Werktagen — und dabei verliert der Mensch. Man sollte daher das kritisch unter die Lupe nehmen, was derzeit an Sonntagsöffnungen möglich ist, ob das auch wirklich nötig ist.

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