450. Geburtstag: Deutsche lieben Shakespeare

Der Dramatiker war Engländer. Hierzulande ist er aber so etwas wie ein „Ehrenklassiker“ und auf Bühnen sehr präsent.

450. Geburtstag: Deutsche lieben Shakespeare
Foto: Theatermuseum Düsseldorf

München. Vor 450 Jahren wurde William Shakespeare geboren. Und das ist auch in Deutschland ein Grund zu feiern. Fast nirgendwo auf der Welt hat der englische Dramatiker über Jahrhunderte eine so wichtige Rolle gespielt wie hierzulande. „An den deutschen Theatern ist jedes Jahr Shakespeare-Jahr“, sagt der Präsident der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft, Tobias Döring. Auch die Gesellschaft hat in diesem Jahr ein Jubiläum und wird 150 Jahre alt. „Er ist immer die Nummer eins in den Statistiken des Bühnenvereins. Wir kommen ohne Shakespeare-Stücke nicht aus.“

Drei Shakespeare-Werke sind unter den Stücken, die in der Saison 2011/12 am häufigsten an deutschen Bühnen inszeniert wurden: „Hamlet“ auf Platz neun, „Romeo und Julia“ auf vier und „Ein Sommernachtstraum“ auf Platz zwei. Shakespeares berühmte Komödie musste sich nur dem deutschen Klassiker schlechthin geschlagen geben: Goethes „Faust“.

„Man kann sagen, dass die Deutschen sich spätestens seit dem 18. Jahrhundert immer wieder mit Shakespeare über ihre eigene Geschichte verständigt haben. Es ist immer wieder der ,Hamlet’, der hervorgenommen wird, um die Wendepunkte unserer eigenen Geschichte zu inszenieren“, sagt Döring. Und auch berühmte Schauspieler hatten stets einen ganz besonderen Bezug zu ihm. Klaus Kinski und Ulrich Mühe spielten den Prinzen von Dänemark, Bruno Ganz und Devid Striesow. Maximilian Schell spielte ihn sogar dreimal — und für Gustaf Gründgens wurde er zur „Lebensrolle“.

Während Shakespeare den Franzosen als zu unordentlich, zu wenig regelkonform galt, wurde er hierzulande zu so etwas wie einem „deutschen Ehrenklassiker“. Den Gipfel erreichte der Kult im 19. Jahrhundert im Ausruf des Vormärz-Dichters Ferdinand Freiligrath: „Deutschland ist Hamlet“. Damals sollte das heißen: Der Traum von Freiheit sucht die Deutschen immer wieder heim — wie der Geist im „Hamlet“. Hamlet als Sinnbild für verhinderte deutsche Revolutionen.

150 Jahre später dann schloss sich der Kreis. Regisseur Heiner Müller befand sich in den Proben zu seinem Theaterprojekt „Hamlet/Hamletmaschine“, als er mit Schauspielern wie Ulrich Mühe, seinem „Hamlet“-Darsteller, am 4. November zu einer Großdemonstration auf dem Berliner Alexanderplatz aufrief. Fünf Tage später fiel die Mauer.

„Es ist schon etwas unheimlich: Auch während der Wende spielte der ,Hamlet’ wieder eine zentrale Rolle“, sagt Döring. Den großen Erfolg führt er vor allem darauf zurück, dass Shakespeares Stücke nicht nur etwas für Feingeister und die Hochkultur sind. „Diesen Stücken wohnt immer etwas Volkstümliches inne“, sagt Döring. „Shakespeare hat Sexappeal, Shakespeare ist Pop, Shakespeare ist Rock.“

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