Ausstellung: Amsterdam feiert Marcel Wanders

Das Stedelijk Museum zeigt Arbeiten des niederländischen Designers.

Die Marcel-Wanders-Hommage ist bis zum 15. Juni im Stedelijk Museum in Amsterdam zu sehen.

Die Marcel-Wanders-Hommage ist bis zum 15. Juni im Stedelijk Museum in Amsterdam zu sehen.

Foto: Martina Thöne

Amsterdam. "Eine ehrliche Lüge ist besser als eine langweilige Wahrheit." Ungelogen: Marcel Wanders hat eine gute Portion Selbstbewusstsein. Ob es nun ein clever gewählter Marektingspruch oder aber die bittere Wahrheit, nur provozierender Wortwitz oder gar Lebensmotto ist: Eines steht auf jeden Fall fest. Schwarz auf weiß steht die spruchreife Lügen-These auf der Wand.

Das Stedelijk Museum zeigt Arbeiten des niederländischen Designers.

Das Stedelijk Museum zeigt Arbeiten des niederländischen Designers.

Foto: Martina Thöne

Schließlich steht bei einer Design-Ausstellung nicht zuletzt die Optik im Vordergrund. Und so ist die Sonderschau im Stedelijk Museum in vielfacher Hinsicht ein echter Hingucker. "Marcel Wanders: Pinned up" heißt die Amsterdamer Hommage, die einen der bedeutendsten zeitgenössischen Designer feiert.

Ausstellung: Amsterdam feiert Marcel Wanders
Foto: Martina Thöne

Mehr als 400 Werke locken auf die Spuren des 50-jährigen Niederländers: Die dreigeteilte Wanders-Welt kann bis zum 15. Juni entdeckt werden - es ist die bislang größte Übersichtsausstellung zu Wanders' Werken und die erste große Design-Präsentation seit der Wiedereröffnung des Stedelijk Museums 2012.

Ausstellung: Amsterdam feiert Marcel Wanders
Foto: Martina Thöne

"Es sind gute Zeiten für Design-Liebhaber", resümiert Kuratorin Ingeborg de Roode. Weshalb ist Marcel Wanders überhaupt museumsreif? "Wir haben schon in den frühen 90er Jahren angefangen, Werke von ihm zu sammeln", erklärt Ingeborg de Roode. "Er steht für Perfektion und geschäftlichen Instinkt - eine seltene Kombination in der Designwelt."

Der so Gelobte sieht den Ritterschlag selbstredend als Kompliment: "Designer zu sein, ist eine schöne, positive Sache", erklärt er kurz vor der offiziellen Eröffnung. "Es gibt viel zu sehen - aus 25 Jahren harter Arbeit." Lässig lächelnd steht er da. Der Mann, der für seine Möbel- und Interieur-Entwürfe international bekannt ist, hat nicht nur Selbstbewusstsein. Er hat auch Charme und Ausstrahlung. Vor allem aber hat er eine Karriere vorzuweisen, von der andere nur träumen können.

Zur Ausstellungseröffnung setzt er sich selbst perfekt in Szene - mit einem smarten schwarzen Anzug inklusive Marlene-Dietrich-Schlaghose, mit bunt gemusterten Schuhen und einer Holz- und Glasperlenkette, die in Regebogenfarben Akzente setzt. Nicht umsonst wird er auch als "Lady Gaga der Designwelt" bezeichnet: Der hochgewachsene Niederländer weiß, wie er die Blicke auf sich und seine Arbeiten lenkt.

Die möglichen Richtungen sind zwar vorgegeben, doch wählen darf der geneigte Besucher am Ende selbst: Wer zuerst in die linke Richtung marschiert, taucht ein in eine dunkle Welt. Nach rechts lockt hingegen die Farbe der Unschuld. Die Schwarz-Weiß-Malerei hat ihren Grund: Der helle Bereich wirkt wie eine nüchterne Analyse rund um Handwerk, Oberfläche, Archetypen und Innovation.

In der schwarzen Zone dagegen wird es emotional. Hier wird das Experimentelle fast schon theatralisch zelebriert. Dazu umschmeicheln sanfte musikalische Klänge die Ohren. Zauber, Magie und eine ganz besondere Aura: Ein Hauch Poetik liegt in der Luft.

So geht es vorbei an weißen Badewannen und schwarzen Ledersofas, an Lampen, Tischen, Tellern, Tapeten und Schmuck, aber auch Videos und Fotos von Interieurs, die Marcel Wanders im Laufe seiner Karriere gestaltet hat. Die Werke, die ihm den Durchbruch bescherten, dürfen natürlich nicht fehlen. Dazu gehören die "Set Up Shades"-Lampen, die bekannten Eier-Vasen und der "Knotted Chair", der geknüpfte Stuhl, bei dem Wanders traditionelles Handwerk und Hightech-Material kombinierte.

Seine Handschrift ist nicht zu übersehen: Immer geht es um einen Hauch Nostalgie und Vertrautheit, aber auch um Verfremdung und überraschend Neues. Apropos: Neu ist der rabenschwarze "Carbon Balloon Chair" - ein Stuhl aus Kohlenstoffgewebe, der erstmals in Europa präsentiert wird. Neben der dunklen und der sachlichen Seite hat die Ausstellung auch eine dritte Sektion - sie stellt Fotoarbeiten vor und ist zugleich Wanders' Erfolg als Art Director gewidmet, den er seit 2001 mit seinem Designlabel "Moooi" genießt.

Was er selbst von der Ausstellung erwartet? "Ich bin eine reflektierende Person", sagt Wanders mit einer Mischung aus Professionalität und Stolz. "Dies ist eine große Lern-Erfahrung." Und schon huscht auch schon wieder ein smartes Lächeln über sein Gesicht: "Ich werde vielleicht der Besucher sein, der selbst am meisten hier ist. Ich werde regelmäßig wiederkommen - mit Freunden." Da erinnert man sich doch glatt an eine weitere spruchreife These, die die Wand eines Ausstellungsraums ziert: "Nichts wird schneller alt als das Neue." Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Die Marcel-Wanders-Hommage ist bis zum 15. Juni im Stedelijk Museum in Amsterdam zu sehen. Weitere Infos gibt es online unter www.stedelijk.nl

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