Ausstellung: Die verblüffende Ähnlichkeit

„Auf Leben und Tod“ inszeniert in der Gegenüberstellung von Malerei und Fotografie einen Dialog.

Köln. Obwohl zwischen ihnen 250 Jahre liegen, sind sie sich ähnlich, die Bilder der amerikanischen Underground-Fotografin Nan Goldin und des französischen Rokoko-Malers Francois Boucher.

Das Gemälde von 1751, auf dem sich die junge Marie-Louise O’Murphy räkelt, und die Fotografie "Jens’ Hand on Clemens Back" von 2001 zeigen beide viel nackte Haut, auch die Körperhaltung ist ähnlich.

Die Ausstellung "Auf Leben und Tod. Der Mensch in Malerei und Fotografie" inszeniert im Kölner Wallraf-Richartz-Museum in der Gegenüberstellung einen Dialog, dessen Hauptthema der menschliche Körper ist, tot oder lebendig.

Der Bielefelder Sammler Lutz Teutloff und Kurator Roland Krischel haben eine Ausstellung entworfen, die den Bestand des Museum mit zeitgenössischer Kunst kurzschließt und dadurch einen neuen Blick eröffnet. Rund 70 Arbeiten der Foto- und Videokunst des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts werden gut 40 Gemälden vom Spätmittelalter bis zum 19. Jahrhundert gegenübergestellt.

Das gelingt bei vielen Beispielen auf überraschende Weise, so auch bei folgender Kombination: Andrea Kummer, Studentin aus Berlin, präsentiert sich auf Herlinde Koelbls Fotografie aus der Serie "Bedrooms" (2004) halbnackt in ihrem Schlafzimmer.

Die geschwungene Form ihres Körpers erinnert an die Kurven der Pin-Up-Girls. Zwar ist Wilhelm Leibls "Junge Pariserin" (1869) nebenan bekleidet, aber sie blickt den Betrachter genauso selbstbewusst an.

Bei anderen Beispielen bleibt die behauptete Verbindung vage, die Kommunikation oberflächlich. Dann wird nicht deutlich, was die Paarungen illustrieren sollen.

Alles in allem aber erfrischt die neue Perspektive den Blick auf die Tradition. Die gesamte Schau ist in neun Kapitel und neun Räume eingeteilt, die die existenziellen Lebensthemen von der Geburt bis zu Alter und Tod beschreiben.

Bei "Geburt und Tod" gelingt der Übertritt von der religiösen zur weltlichen Bildsprache am bruchlosesten. Die Frau mit der drapierten Plastiktüte auf dem Kopf (Hendrik Kerstens, "Bag" 2007) erinnert auch ohne direkte Gegenüberstellung an eines der vielen Damen-Bildnisse der frühniederländischen Malerei.

Nur in der modernen Version sieht man keine gefalteten Hände mehr, keine Nelken, die vor die Brust gehalten werden.

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