Leonardo da Vinci Ausstellung: Einmal (mit dem) Genie spielen

Eine Ausstellung in Bochum zeigt Erfindungen und Kunstwerke Leonardo da Vincis. Ausprobieren ist erlaubt — und sogar erwünscht.

Bochum. Leonardos Fahrrad fehlt! Selbst von der Skizze des kuriosen Gefährts ist im Bochumer Kortumhaus nichts zu sehen. Schlimm ist das freilich nicht, denn mittlerweile glaubt fast kein Experte mehr, dass der italienische Universalgelehrte Leonardo da Vinci (1452-1519) das Zweirad tatsächlich erfunden hat. Vielmehr gilt es als wahrscheinlich, dass einer seiner zahlreichen Schüler oder gar ein dreister Fälscher die Zeichnung auf die Rückseite eines Blattes im „Codex Atlanticus“ kritzelte. Zu bestaunen ist die knapp 1120 Seiten starke Sammlung von Skizzen, Zeichnungen und Notizen in der Mailänder Ambrosiana — samt der Fahrrad-Fälschung.

Zum Glück für Jörg Zander (57) hat Leonardo da Vinci aber noch allerlei andere Dinge erfunden, erforscht, gemalt und beschrieben. Zander ist Macher und geistiger Vater einer Ausstellung über den Maler, Bildhauer, Architekten, Anatom, Mechaniker, Ingenieur und Naturphilosophen, die bis Januar in Bochum zu sehen ist. „Leonardo da Vinci — Exploring Arts & Science“ heißt die Schau. Übersetzt bedeutet der Name hinter dem Namen etwa so viel wie: Kunst und Wissenschaft entdecken.

Eine Aufforderung, die Zander durchaus wörtlich meint, denn Anfassen und Ausprobieren sind nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Die Ausstellung ist in einen Parcours mit 15 Themenfeldern unterteilt. Allerlei Skizzen sind auf 1000 Quadratmetern im dritten Stock des Kortumhauses zu sehen, detailreich gestaltete und funktionsfähige Kopien seiner (übrigens nie gebauten) Erfindungen, großformatige Nachdrucke seiner berühmten Bilder wie der Mona Lisa, Johannes der Täufer oder Das Abendmahl.

„Die Ausstellung verknüpft das Wissenschaftliche mit dem Künstlerischen, so wie Leornardo es selbst getan hat“, sagt Jörg Zander. Eigentlich ist der Mann mit dem unüberhörbar norddeutschen Akzent Tourneeveranstalter mit starker Neigung zu Gregorianischen Gesängen. Vor gut fünf Jahren stieß er in Spanien auf eine Da-Vinci-Ausstellung. „Aber die fand ich schlecht“, sagt Zander. „Ich habe spontan gedacht, dass ich das besser kann.“ Mithilfe von Experten und vielen Stunden Lektüre näherte er sich dem Objekt einer künftigen Ausstellung an.

Dass an da Vincis Originale, die über die ganze Welt verstreut und ohnehin kaum zu versichern sind, nicht heranzukommen ist, war Zander schnell klar, also mussten Duplikate her. In Florenz fand er beispielsweise einen Verlag, der einen der Codices für Belinda Gates (51) nachdruckt. Belinda ist die Gattin von Bill Gates (60), dem milliardenschweren und sozial engagierten Microsoft-Gründer, der im Jahr 1994 umgerechnet knapp 28 Millionen Euro für da Vincis „Codex Leicester“ auf den Tisch legte und das Manuskript damit zum teuersten der Welt machte. Familie Gates verschickt Nachdrucke des Werks gern an Geschäftsfreunde — in Verona geordert. Zwei der 1000 Gates-Exemplare sind in Bochum zu sehen.

Dass Leonardo zwar vieles angefangen, aber nicht alles vollendet hat, kommt Zander gut zu pass. Die Modelle da Vincis Erfindungen sind seinen Skizzen nachempfunden. Das Fahrrad ist nicht darunter, aber ein Hubschrauber. Oder so ähnlich.

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