Bayreuther Festspiele: Rolle rückwärts mit Tannhäuser

Einen neuen „Ring“ gibt es dieses Jahr in Bayreuth nicht — eher Altbekanntes. Dafür scheint der Machtpoker nun endgültig beendet.

Bayreuther Festspiele: Rolle rückwärts mit Tannhäuser
Foto: dpa

Bayreuth. Traditionen müssen gewahrt werden: Seit 138 Jahren beginnen die Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth stets am 25. Juli. Im Jahr nach einem neuen „Ring“ gibt es — allein um das Budget zu schonen — traditionell keine Neuinszenierung. Deswegen wird in diesem Jahr die Wagner-Oper „Tannhäuser“ wiederaufgeführt. Zur Tradition auf dem Festspielhügel gehören aber auch Machtspiele. Sie werden etwa an den großen Baugerüsten vor dem Festspielhaus deutlich. Sie sollen Gäste des baufälligen Gebäudes vor herabbröckelndem Putz schützen.

„Dass für das Festspielhaus nur eine Generalsanierung infrage kommt, ist seit etwa fünf Jahren bekannt“, sagt der kaufmännische Geschäftsführer der Wagner-Festspiele, Heinz-Dieter Sense. Beinahe ebenso lange wird schon um die Sanierung gestritten. Sense diplomatisch: „Es gab da einige Klippen.“ 30 Millionen Euro sind für die Generalsanierung veranschlagt. Weil Bund und Land Bayern mit je zehn Millionen Euro den Löwenanteil zahlen, verlangten diese beiden wichtigen Gesellschafter der Festspiele GmbH einen langfristigen Mietvertrag und deutlich mehr Mitsprache auf dem Grünen Hügel als bisher.

Für Zündstoff war damit reichlich gesorgt. Während am runden Tisch Beschlüsse gefasst und kurz darauf wieder verworfen wurden, nagte der Zahn der Zeit unaufhörlich weiter am denkmalgeschützten Festspielhaus. Das Dach wurde zum Beispiel zunehmend löchriger. Alle Schäden wurden bislang nur provisorisch repariert — 200 000 Euro kostete das trotzdem.

Überraschungen sind durchaus möglich: Kurz vor Beginn der Festspiele 2013 war ein Stück Decke ins Foyer gefallen. Ein Bautrupp konnte noch rechtzeitig alles wieder in Ordnung bringen — die Festspielgäste merkten nichts. Vielleicht war es ein Weckruf für alle Beteiligten: Im März wurde der Streit beigelegt.

Die Richard-Wagner-Stiftung als Vermieterin und die Bayreuther Festspiele GmbH als Mieterin unterzeichneten einen bis 2040 gültigen Mietvertrag. Zugleich wurde eine neue GmbH-Satzung ausgehandelt. Das Ergebnis des Machtpokers: Bund und Land halten an der Gesellschaft jetzt 58 Prozent. Die Festspiele sind mehrheitlich in staatlicher Hand. Zudem sieht der neue Vertrag vor, dass die Gesellschafter mit einer Dreiviertelmehrheit die Festspielleitung bestimmen können — ohne Einverständnis der Wagner-Stiftung. „Zumindest theoretisch wäre es somit möglich, die Leitung an einen Nicht-Wagner zu vergeben“, erklärt Sense. Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe geht aber davon aus, „dass weiterhin die meisten Beschlüsse einstimmig gefasst werden“.

Letztlich seien die Festspiele untrennbar mit Wagner verbunden. Das sei auch allen Gesellschaftern klar, meint die Politikerin der freien Wählervereinigung „Bayreuther Gemeinschaft“. Dennoch war es Merk-Erbe, die den Mietvertrag zunächst nicht unterschreiben wollte. Sie meldete rechtliche Bedenken im Hinblick auf die Satzung der Wagnerstiftung an. In dieser steht, dass das Festspielhaus immer an ein Wagner-Mitglied vermietet werden muss, wenn die Familie Wagner die Festspiele auch leitet. Neuer Zündstoff also. Die Regierung von Oberfranken habe ihre Bedenken geteilt, erläutert Merk-Erbe ihre Entscheidung.

Ein Gutachten der obersten Stiftungsaufsicht beim Kultusministerium und damit des Freistaates Bayern widerlegte die Einwände jedoch. Somit räumte letztendlich einer der Gesellschafter selbst die letzten Zweifel aus dem Weg. Kommentieren mag Merk-Erbe das lieber nicht.

Heinz-Dieter Sense ist unterdessen nur heilfroh, dass der Mietvertrag endlich perfekt ist und die Generalsanierung beginnen kann. Sie stellt die Festspiele vor Herausforderungen: „Die Bauarbeiten können schließlich nur in der Zeit durchgeführt werden, wenn weder geprobt noch gespielt wird“, sagt Sense. Damit kann ein Großteil der Arbeiten nur in den Monaten von Herbst bis Frühjahr stattfinden. „Das Wetter ist dann das größte Problem“, verdeutlicht der kaufmännische Geschäftsführer. Sense rechnet damit, dass die Generalsanierung bis 2021 dauern wird. Beginnen soll sie kurz nach Ende der Festspiele 2015.

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