Adam Mansbach: Mit Vater-Frust zum Bestseller

Die Verse von Adam Mansbach über das allabendliche Drama beim Zubettgehen der Tochter sprechen Eltern aus dem Herzen.

New York. Ein schmaler Bildband für junge Eltern sorgt in den USA für Furore. Das Buch „Go the Fuck to Sleep“ ist zwar nur knapp 30 Seiten dünn, krönt aber schon seit Wochen die Bestsellerliste des Onlineverkäufers Amazon. Derzeit wird es in 20 Sprachen übersetzt. In Deutschland liegt es unter dem Titel „Verdammte Scheiße, schlaf ein“ auf dem Ladentisch.

Es beschränkt sich auf 14 Gedichte, die jeweils nur vier Zeilen lang sind und immer ein Schimpfwort beinhalten. Aus ihnen spricht der geballte Frust eines Vaters über das endlose Zu-Bett-Geh-Ritual mit seiner kleinen Tochter.

Autor des Überraschungshits ist der Literaturprofessor Adam Mansbach von der Rutgers Universität in New Brunswick in New Jersey. „Es ist ja nicht so, dass ich mein Kind nicht liebe“, sagt der 34-Jährige. „Aber wenn es um die einzige freie Zeit am Tag geht, die ich habe, und sich der Prozess über ein bis zwei Stunden zieht, dann fühle ich den Groll in mir wachsen, dann gebe ich alles darum, sie endlich zur Ruhe zu bringen.“

Mansbach hatte seinen Frust über die abendlichen Geduldsproben von Töchterchen Vivien zunächst bei Facebook rausgelassen. Freunde ermunterten ihn dann, ein Buch darüber zu schreiben. Ein Bekannter, Ricardo Cortés, übernahm die Illustration. Mansbach selbst brauchte, wie er zugibt, kaum mehr als einen Nachmittag, um die Verse zu Papier zu bringen. Auch ein Herausgeber war bald gefunden: Der kleine Verlag Akashic Book in New York wollte das Buch nächsten Oktober vorstellen.

Eine Panne machte es jedoch schon lange zuvor zum Bestseller: Akashic hatte den Titel streng vertraulich an einige Buchhändler geschickt, um ihr Urteil zu hören. Irgendjemand reichte ihn im Freundeskreis herum, und bald kursierte das Buch im Internet. Kaufen wollten die Leute das Buch dennoch in gebundener Form. Wegen der vielen Vorbestellungen beim Internethändler Amazon zog Akashic den Erscheinungstermin auf Mitte Juni vor.

Vergangene Woche war der Bildband im US-Handel im Nu vergriffen. „Wir haben 100 000 Exemplare in zwei Tagen verkauft“, sagt Mansbach. Jetzt will auch Hollywood den Titel verfilmen. Hatte er einen solchen Erfolg vor Augen? „Ganz sicher nicht“, sagt Mansbach. „Alles, was ich wusste, ist, dass das Buch witzig ist.“

US-Kritiker glauben, dass Mansbach Eltern aus dem Herzen spricht und dass sein Bruch mit dem Tabu, sich über die lieben Kleinen zu beklagen, Leser anzieht. Und der Vorwurf, das in den USA als „F-Word“ umschriebene Schimpfwort in die amerikanische Literatur einzuführen? „Jeder hat das Wort im Kopf“, sagt Mansbach, „warum schreiben wir es dann nicht auch?“. Für die deutsche Ausgabe beim DuMont Buchverlag hat Verleger Jo Lendle selbst die Übersetzung übernommen.

Mansbachs Familie väterlicherseits lebte in Deutschland. „Ich wuchs aber ohne die klassischen Grimms Märchen auf“, sagt er. „Meine Mutter kommt aus Schweden und erzählte mir eine Mischung aus skandinavischen und amerikanischen Geschichten.“

Töchterchen Vivien, inzwischen drei Jahre alt und über die größten Einschlafprobleme hinweg, wollte dagegen weder von Hexen noch von Trollen hören. „Sie forderte ihre eigenen Storys: Erzähl mir von einem Bär und Onkel Max und von der Zeit, als du ein Junge warst, und von einem Riesenkänguru.“

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