Atemberaubende Geschichten

Jochen Rausch lässt die Gewalt explodieren.

Wuppertal. Ist doch alles gut eingespielt — die alte Frau, die dem armen Nachbarn immer Geld zusteckt; der reiche Hamburger, der sich mit seinen zwei besten Freunden eine Geliebte teilt; die professionell gelassene Therapeutin, die die Kindermörderin im Gefängnis aufsucht; der Mann, der sagt, er habe seine schwer kranke Frau aus Liebe erstickt.

Aber die 13 Kurzgeschichten des Wuppertalers Jochen Rausch empfehlen sich nicht zur gemütlichen Bettlektüre. Ein Zufall oder eine falsche Antwort genügen, um eine rasende Gewalt anzuknipsen, die Außenstehende fassungslos macht — auch wenn der Täter selbst ein Opfer ist. „Ich bin davon überzeugt, dass man auch den liberalsten Gutmenschen so provozieren kann, dass er ausrastet“, sagt Rausch, im Brotberuf Programmchef der WDR-Jugendwelle 1Live.

Vor drei Jahren hat er mit seinem Debütroman „Restlicht“ die Kritiker bundesweit zu respektvollen Verbeugungen bewegt. Für seine Storys ließ er sich von Polizeimeldungen anregen, die bis zu seinen journalistischen Anfängen als Gerichtsreporter zurückreichen: „Die Realität ist für mich verstörender als die Fiktion.“

In einer schlanken Sprache, aus er jeden überflüssigen Schlenker wegmeißelt, führt Rausch zum Moment des Ausbruchs und seiner meist lebenslangen Nachbeben. Atemberaubender Lesestoff.

Jochen Rausch: „Trieb / 13 Storys“; Berlin-Verlag, 206 S., 18,90 Euro.

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