Biografie über Die britische Autorin Dorothy L. Sayers: Die Krimilady und die Ketzerin

Neu zu entdecken: Die britische Autorin Dorothy L. Sayers.

Düsseldorf. Sie gehörte zu den ersten Frauen, die in Oxford studieren durften (und durch einen separaten Eingang zu den Vorlesungssälen geführt wurden) und sie wurde (neben Agatha Christie) Pionierin im neuen Genre. Als Dorothy L. Sayers 1923 ihren ersten Kriminalroman "Whose Body" (deutsch "Der Tote in der Badewanne") veröffentlichte, war sie 30 Jahre alt und beruflich in einer prekären Lage. Unterrichten mochte sie nicht, aber andere Jobs gab es für Akademikerinnen kaum. Die Pfarrerstochter, der es an Selbstbewusstsein nie gemangelt hatte - ihren ersten Gedichtband nannte sie "Opus 1" - fand schließlich Arbeit in einer Londoner Werbeagentur. Als Autorin profitierte sie davon ("Mord braucht Reklame" nimmt Werbung kritisch ins Visier), finanziell lebte sie kärglich. Umso besser ließ sie es ihrem Protagonisten gehen: Lord Peter Wimsey besaß alles, wovon die Autorin träumte: "Weil ich unzufrieden war mit meiner unmöblierten Bude, gönnte ich ihm ein luxuriöses Apartment in Piccadilly. Als ich kein Geld für den Bus hatte, präsentierte ich ihm einen Zwölfzylinder-Daimler; und wenn ich mich langweilte, ließ ich ihn damit herumfahren." Lord Peter Wimsey ist nicht nur scharfsinnig, reich und gebildet, er ist auch ein Frauenfreund. Geschickt legte ihm Sayers ihre Ansichten in den Mund, etwa, dass man Frauen endlich arbeiten lassen sollte. Also versammelt Lord Peter "alte Jungfern" in seinen Recherchepool. Er war so emanzipiert, dass er sogar eine selbstbewusste Partnerin haben wollte: Im Roman "Strong Poison" ("Unheimliches Gift") macht er einer Kriminalschriftstellerin einen Heiratsantrag! Während Dorothy L. Sayers mit ihrem Idealmann in der Fiktion großen Erfolg hatte, meinte es die Realität nicht so gut mit ihr. Nach einigen unglücklichen Lieben bekam sie von einem verheirateten Mann ein Kind, von dem ihre Eltern nie erfuhren. Ihre Ehe mit Oswald A. Fleming war nicht sehr glücklich, wie man aus dem Briefwechsel weiß. Auf den hatte die neue Biographie von Ingeborg Forssman ("Ich war schon immer ein robustes kleines Biest". Dorothy L. Sayers - Leben und Werk. Brendow Verlag, Moers) erstmals freien Zugriff. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wandte sich Dorothy L. Sayers religiösen Themen zu. Sie schrieb Hörspiele über das Leben Jesu und Essays über Glaubensfragen, aber auch ketzerische Satiren, und für die Kathedrale von Canterbury christliche Dramen. Als man ihr den theologischen Ehrendoktor anbot, lehnte sie jedoch ab. Trotzdem oder gerade deswegen: Im England der Nachkriegszeit war Dorothy L. Sayers eine moralische Instanz, die sich vor Leserbriefen kaum retten konnte. Sie starb vor 50 Jahren, am 17. Dezember 1957. I.Forssmann: "Ich war schon immer ein robustes Biest", 208 S., Brendow Verlag, 19,95 Euro

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