Bram Stoker: Der Mann, der Dracula schuf

Bram Stoker starb am Freitag vor 100 Jahren. Sein Vampir prägte das Bild der Blutsauger.

Dublin. Er ist der Urvater aller Vampire: Der blutsaugende Graf Dracula. Erschaffen hat ihn der Ire Abraham „Bram“ Stoker. Mit seinem Roman „Dracula“ von 1897 kreierte er eine der bekanntesten Figuren der Gruselliteratur. Am Freitag jährt sich Stokers Todestag zum 100. Mal. Sein transsilvanischer Graf war zwar nicht der erste Vampir der Literaturgeschichte, aber Stokers moderner Typ des verführenden und zugleich abstoßenden Untoten wurde zum Leitbild in Filmen und Büchern.

Während „Dracula“ weltweit zum Kult wurde, erreichte Stoker nie die Berühmtheit seiner Kreation. Er starb verarmt in London. Biografen zufolge litt Stoker in seiner Kindheit an einer mysteriösen Krankheit, die ihn ans Bett gefesselt hat. Immer wieder soll er zur Ader gelassen worden sein — eine damals verbreitete Therapie. Bei diesem Heilverfahren wurden Adern angeritzt, große Mengen Blut flossen. Manche sehen in dieser Kindheitserfahrung den Grund für Stokers späteres Interesse an blutrünstigen Vampiren.

Zur Literatur kam der Ire, der am 8. November 1847 in Dublin geboren wurde, über Umwege. Zunächst studierte er unter anderem Mathematik und Physik und nahm eine Stelle in der Dubliner Verwaltung an. In seiner Freizeit schrieb er als unbezahlter Literaturkritiker. 1882 wurde seine Kinder-Kurzgeschichtensammlung „Zu Sonnenuntergang“ veröffentlicht — aber wenig beachtet.

Später arbeitete er am Theater. Dort hörte er Vampirlegenden vom Balkan. Diese Mythen verknüpfte er mit der historischen Figur des Vlad III. Draculea — einem Fürsten der rumänischen Walachei des 15. Jahrhunderts. Er wurde bekannt durch Gräueltaten während des Widerstandes gegen das Osmanische Reich und wegen seiner Vorliebe für die Hinrichtung durch Pfählung.

1897 erschien schließlich Stokers „Dracula“ — sein fünfter Roman.

Damit hat der Ire das Bild des aschfahlen Vampirs mit roten Augen, Mundgeruch und Haaren in den Innenhänden bis heute geprägt. Der Roman wurde in mehr als 45 Sprachen übersetzt und inspirierte zahlreiche Regisseure zu Filmen. Doch viele Fans kennen den ursprünglichen Roman gar nicht. Eine neue Übersetzung von Stokers „Dracula“ ins Deutsche soll das nun ändern.

Zum 100. Todestag des Dracula-Schöpfers hat sich der in Augsburg lebende Autor Andreas Nohl den Weltklassiker vorgenommen. Die Arbeit im Steidl Verlag ist eine Neuinszenierung des Montageromans, der aus Tagebucheinträgen, Briefen und Zeitungsartikeln besteht.

Andreas Nohl, Dracula-Übersetzer

Behutsam hat der Übersetzer stilistische Unwuchten herausgearbeitet. Als Herausgeber sichtete er sämtliche Literatur über den adligen Untoten, studierte die Original-Ausgabe, wichtige britische Ausgaben und die deutschen Übersetzungen. Er verglich die Fassungen und merzte handlungslogische oder Datierungsfehler aus. „Vieles basierte auf Abschriftenfehlern.“

Als Jugendlicher lernte er Stokers Erzählungen kennen und war beeindruckt. Die Arbeit an der Neuübersetzung habe allerdings weniger mit Begeisterung als vielmehr mit sachlichem Handwerkszeug zu tun. Er verspricht: „Selbst Fans, die alle Filme kennen, wird das Buch überraschen.“

So habe er etwa Draculas Widersacher van Helsing einen ganz eigenen Charakter verliehen. Behutsam — denn die Ausgabe soll möglichst nah am Original bleiben. „Dort war bereits alles für diesen Charakter angelegt“, erklärt der Übersetzer.

Neben dem neuen „Dracula“ im Steidl Verlag ist auch im Philipp Reclam jun. Verlag eine Neuübersetzung von Ulrich Bossier erschienen.

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