Die Frage ist nur: Bekommen eigentlich die Richtigen die Preise?

Für Schriftsteller gibt es in Deutschland eine Flut von Auszeichnungen. Wer einmal gewonnen hat, wird auch künftig bedacht.

Düsseldorf. Raten Sie mal: Wie viele Literaturpreise gibt es in Deutschland? Wetten, Sie lagen zu niedrig? Es sind fast 1000. In keinem anderen Land gibt es mehr Auszeichnungen für Schriftsteller, wie die Redaktion des „Handbuchs der Kulturpreise“ ausgezählt hat. Und es werden immer mehr. Erst in diesem Jahr kam wieder einer dazu: der mit 50 000 Euro dotierte Siegfried-Lenz-Preis.

„Preise sind eines der besten Förderinstrumente für Autoren“, sagt Regina Wyrwoll, die Redakteurin des Handbuchs. „Allerdings ist es nicht so einfach, in den Zirkus reinzukommen.“ Wyrwoll nennt es die „Preis-Pyramide“: oben wenige bereits arrivierte Autoren, die häufig ausgezeichnet werden, unten viele Unbekannte, die das Geld dringender bräuchten. Hat man die erste Auszeichnung in der Tasche, steigt man auf in den Kreis der Preis-Würdigen — und wird auch künftig bedacht.

Der Grund für den Schneeballeffekt: Es gebe nur wenige Kritiker, „und die orientieren sich aneinander“. Auch für den, der einen neuen Preis auslobe, sei es von Vorteil, einen bekannten Autor zu wählen. So werde der Preis — und der Stifter — schneller bekannt. Und Wyrwoll sieht noch einen Trend: Preisvergaben würden immer mehr zum „Event“ wie beim Deutschen Buchpreis, der öffentlichkeitswirksam in einem mehrstufigen Verfahren vergeben wird.

„Literaturpreise schaffen Sichtbarkeit, ordnen ein“, sagt die Sprecherin des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Claudia Paul, „sie nützen Vielen“: den Autoren, denen sie helfen, ihren Lebensunterhalt zu sichern; den Verlagen, die damit werben können; den Lesern, die so auf ein Buch aufmerksam werden, das sie sonst vielleicht übersehen hätten; den Auslobenden, die sich schmücken können.

„Kein Schriftsteller würde sich beschweren, dass es zu viele Literaturpreise gibt“, sagt Alexander Pfeiffer, Vorsitzender des Landesverbands Hessen im Verband deutscher Schriftsteller. Laut Künstlersozialkasse betrage das Jahresdurchschnittseinkommen der dort versicherten Autoren 12 000 Euro. „Jeder Preis, und sei er noch so gering dotiert, bessert das Gehalt deutlich auf.“ Die Frage sei allerdings, ob die Richtigen diese Preise bekämen. Nur für wenige Preise könne man sich als Autor selbst bewerben. Oft sei das wenig lukrativ, aber zeitaufwendig.

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