Ex-Chef der Münchener Mordkommission vertritt provokante These

Josef Wilfling war lange Chef der Münchener Mordkommission. In seinem neuen Buch vertritt er eine provokante These.

München. In uns allen steckt ein Mörder — davon ist der frühere Chef der Münchner Mordkommission, Josef Wilfling, überzeugt. „Täglich werden Menschen zu Mördern, von denen niemand geglaubt hätte, dass sie jemals zu solchen Taten fähig sein könnten, am allerwenigsten sie selbst“, schreibt Wilfling in seinem neuen Buch „Unheil“. Mit dem Untertitel „Warum jeder zum Mörder werden kann“, schildert er Fälle aus 22 Jahren als Mordermittler und zeichnet klar das Bild: Der Mörder, das ist oft ein Mensch wie du und ich.

Der Vater, der seine Frau umbringt, als er sie beim Seitensprung erwischt; der Baggerfahrer, der nach Mobbing seinen Bauleiter zwischen den Schaufeln zermalmt; der Sohn, der seine Mutter mit dem Schwert köpft, weil er ausziehen und arbeiten soll. Minuziös beschreibt der 65-Jährige, der sieben Jahre lang die Mordkommission leitete, Fälle aus seiner Dienstzeit.

Viele spektakuläre Verbrechen hat Wilfling aufgeklärt, darunter die Morde an Rudolph Moshammer und dem Schauspieler Walter Sedlmayr. Wilfling galt als Vernehmungstalent. „Meine Methode war Menschlichkeit, nicht Obrigkeit“, sagt er.

„Man darf selbst einen Kindermörder nicht von oben herab betrachten.“ Mit Einfühlung und Verständnis für Versuche, die Schuld abzuwälzen, überzeugte er manchen Täter: „Dass die Wahrheit für ihn das Beste ist“.

Auf den ersten Blick geht es um Habgier, Eifersucht, Wut, drohende Trennung, finanziellen Ruin. Immer wieder versuchte Wilfling, sich in Täter und Opfer hineinzuversetzen, kam auf die richtige Spur - und fand auch ein Motiv hinter dem Motiv: „Die Angst ist eine ganz wesentliche Triebfeder.“

Wilfling hat sich ein hohes Ziel gesetzt: Er hofft, mit seiner provokanten These vom Mörder in uns allen das eine oder andere Verbrechen zu verhindern. „Ich will den Menschen einen Spiegel vorhalten. Ich hoffe sogar, dass der eine oder andere erkennt: Hoppla, ich befinde mich in so einer Entwicklung.“

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