Geschafft! Mein erstes Buch

Nach dem Schreiben kommt die Arbeit: Vom mühsamen Weg, das eigene Buch bekannt zu machen. Und vom Spaß, den Annika Dirks (15) dabei hat.

Goch. Vormittags sitzt Annika Dirks im Gocher Gymnasium und lernt fürs Leben. Nachmittags taucht sie ab nach Ilonien und lässt Elfen zaubern. Sechs Monate geht das so. "Mit den Hausaufgaben war es schon manchmal knapp", sagt die 15-Jährige. Doch das darf ein Mädchen im Kampf gegen die drohende Schreckensherrschaft der Elfe Raxena nicht abhalten.

Gebannt schreibt Annika ihren Fantay-Roman in einem Rutsch zu Ende. Dann will Mutter Petra Dirks das Werk ihrer Tochter unbedingt lesen - der Drucker läuft die ganze Nacht.

"Ich fand es sehr spannend und wollte unbedingt wissen, wie es ausgeht", erinnert sich die Mutter an das Leseerlebnis, das ihr die Tochter beschert hat. Dann lesen der Vater und die beiden Geschwister.

Kurze Zeit später sitzt die Familie am Computer und macht sich im Internet schlau, wie man einen Verlag finden könnte. Vorsorglich schärfen die Eltern ihrer Tochter ein "Mach dir bloß keine großen Hoffnungen!" Schließlich sind vier Verlage gefunden, an die Familie Dirks aus Goch das Roman-Exposé schickt. "Wir haben uns vorher extra informiert, dass man nicht ungefragt Manuskripte schicken soll", erklärt Annika.

Kurz nach Neujahr 2008 liegt dann ein Brief aus Frankfurt im Postkasten, der das Jahr der Familie ganz schön durcheinander wirbeln wird. Der Verlag R.G Fischer bittet für seine Edition Fischer um das Manuskript. "Da haben wir die erste Flasche Sekt geköpft", sagt die Schülerin und blickt lächelnd zurück zu dem Moment, als sie noch nicht ahnte, welche Arbeit noch bevorsteht.

Auch das Manuskript überzeugt den Verlag, der 5000 davon im Jahr erhält, von denen bis zu 250 zum Buch werden - Annikas ist eines davon. Im Lektorat wird ihr Manuskript jetzt auf Rechtschreibung, Grammatik und Logik geprüft.

Dann landet der Stapel Papier mit den Korrekturen wieder bei Annika in Goch, und sie muss alles am Computer übertragen. "Das hat vier Wochen gedauert. Immer, wenn ich etwas verändert habe, ist die Struktur der Seiten verrutscht, und ich musste mich neu zurechtfinden. Danach konnte ich das Buch nicht mehr sehen."

Nach aufregenden Woche der Suche nach Titelbild und Titel sowie Vertragsabschluss steht fest: Das Buch der heute 15-Jährigen erscheint am 9. September 2008 in einer Auflage von 500 Exemplaren. Die Dirks’ müssen einen Verlagskosten-Zuschuss zahlen.

Nach Erscheinen wirft Familie Dirks die PR-Maschinerie an, organisiert Lesungen für die Tochter, schickt Pressemitteilungen an Medien, erzählt Verwandten, Bekannten, Lehrern und Mitschülern davon, macht einen Termin auf der Leipziger Buchmesse im März 2009 - denn all dies und mehr leistet der Verlag nicht.

Die erste Gänsehaut kommt, als Annikas Buch bei einem Internetversandhandel bestellbar ist, die nächste, als die Mutter es in einer Buchhandlung in Kleve sieht. Sogar Bäcker Markus Rohde in Goch unterstützt die Nachwuchs-Autorin und verkauft in seinen Filialen an der Brötchentheke "Schwert und Kampf". Vater Dirks entwirft eine Internetseite für seine Tochter.

"Bei einer Signierstunde haben wir 20 Bücher in einer Stunde verkauft", sagt Annika mit kaufmännischem Überblick. Und in einem Jugendheim wurde die Lesung gar zu einer Mission in Sachen Lesen. Die Jugendlichen wollten vor allem wissen, wie sie auf die Geschichte gekommen sei, ob sie auch selbst viel lese und warum. "Das konnte ich schnell erklären: Ich finde Lesen und Schreiben deshalb so toll, weil man seine eigenen Bilder im Kopf hat. Das ist viel aufregender als fertige Bilder zu sehen."

Trotz der ersten Erfolge und eines aufregenden Jahres verliert die Neuntklässlerin nicht die Bodenhaftung. Ihr macht das Ganze einfach Spaß. Sie schreibt bereits an ihrem zweiten Buch. Und auch wenn die Klassenkameraden den Latein-Lehrer anbetteln, dass Annika eine kleine Lesung aus "Schwert und Kampf" machen soll, erkennt die 15-Jährige genau: "Ein bisschen steckt natürlich auch dahinter, dass alles besser ist, als Latein zu lernen."

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