Lesung: Wolf Haas - „Es war wie nach einer Scheidung“

Wolf Haas stellt seinen neuen Krimi im Düsseldorfer Zakk vor.

Düsseldorf. Nach seinem Roman-Erfolg "Das Wetter nach 15 Jahren" ist Wolf Haas wieder zu seinen schriftstellerischen Anfängen zurückgekehrt. "Der Brenner und der liebe Gott" ist sein siebter Krimi. Diesen wird Haas bei einer Lesung am Mittwoch, 21.Oktober, um 20Uhr im Düsseldorfer Zakk vorstellen. Karten unter Telefon 0211/9730010.

WZ: Sie hatten angekündigt, keine Krimis mehr schreiben zu wollen. Warum sind Sie doch zum Brenner-Krimi zurückgekehrt?

Wolf Haas: Nach sechs Jahren Pause waren mir der Brenner und sein Erzähler so angenehm fremd. Das ist so, als wenn man sechs Jahre nach der Scheidung die Exfrau oder den Exmann zufällig wiedersieht und sich gleich wieder verliebt.

WZ: Sie steigen nicht mit dem üblichen "Jetzt ist schon wieder was passiert" ein. Haben Sie lange nachdenken müssen, wie Sie den Erzähler, der im letzten Krimi durch eine Pistolenkugel starb, wieder auferstehen lassen können?

Haas: Es war eher umgekehrt. Irgendwann erinnerte ich mich an diese rustikale Redewendung: Wenn du einmal stirbst, muss man das Maul extra erschlagen. Da dachte ich mir, sollte ich doch jemals wieder einen Brenner schreiben wollen, fang ich einfach so an. Der Erzähler ist zwar tot, aber sein Maul erzählt weiter.

WZ: Der Titel lautet "Der Brenner und der liebe Gott". Warum spielt Gott eine zentrale Rolle in Ihrem neuen Werk?

Haas: Eigentlich interessiere ich mich nicht sonderlich für religiöse Fragen, aber der erste Brenner-Roman hieß schon "Auferstehung der Toten", der letzte dann "Das ewige Leben". Und jetzt auch noch "Der Brenner und der liebe Gott". Vielleicht steckt mehr dahinter, als ich mir selbst eingestehe, aber in erster Linie hat es mit Gesetzen der Komik zu tun. So eine hohe Stilebene ist wie eine perfekte Hochzeitsfrisur, die man lustvoll verwurschteln kann.

WZ: Wie sind Sie darauf gekommen, die Erzählform eines scheinbar plaudernden Erzählers zu wählen?

Haas: Mir kommen Romane in ihrem ewig gleichen Prosa-Erzählton oft recht langweilig vor. Wie im Chinarestaurant, wo über jedes Gericht die gleiche Glutamat-Soße gekippt wird. Also hab’ ich geschaut, ob es nicht anders geht.

WZ: Was denken Sie, warum dieser Kunstgriff so stark polarisiert?

Haas: Mir scheint ja, er polarisiert immer weniger. Das ist zwar gut für den Erfolg, aber schlecht für das pubertäre Ego. Ich glaube, ich muss wieder einen Gang zulegen, um ein paar Leute zu verschrecken.

WZ: Warum lassen Sie den Brenner immer wieder so leiden, wo er sich doch ungefährlichere Jobs sucht?

Haas: Vielleicht ist er nicht brav gewesen. Kennen Sie die Grabstein-Inschrift auf Hitchcocks Grab? "Das kommt davon, wenn ein kleiner Junge nicht artig war."

WZ: Denken Sie, dass Sie mit "Der Brenner und der liebe Gott" den Erfolg Ihrer anderen Brenner-Krimis noch steigern können?

Haas: Inzwischen ist dieser Erfolg ja schon eingetreten. Jedes meiner Bücher ist ein bisschen erfolgreicher als das vorhergehende. Diese organische Entwicklung passt eigentlich gar nicht zu meiner Hau-Drauf-Mentalität.

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