Schriftsteller Walser: „In der Literatur gibt es kein Ausland“

Schriftsteller Martin Walser (86) eröffnete die Biennale.

Wuppertal. 51 Autoren aus einem Dutzend Ländern werden anlässlich der 2. Literatur Biennale bis Monatsende in Wuppertal gastieren. Den Auftakt machte am Mittwochabend Martin Walser. Der 86-jährige Autor traf im Barmer Bahnhof auf den Journalisten Denis Scheck, um über das Biennale-Motto „Unterwegs nach Europa“ zu sprechen.

„In deinen schönen Bauch krall’ ich mich, Europa“, zitierte der Journalist zum Auftakt eine Tagebucheintragung aus dem Jahre 1972. „Dostojewski, Moliere und Strindberg, sie alle waren die Tag- und Nachtspeise meiner Seele und meines Geistes“, fügte der Literat hinzu. „In der Literatur gibt es kein Ausland. Das war meine Schule.“

Ein wirkliches Frage-Antwort-Spiel war es dann nicht, was die beiden Männer oft augenzwinkernd, oft wie nebenbei die Literaturgeschichte referierend, zelebrierten. „Wofür steht Europa“, wollte Scheck wissen. „Dazu müsste ich doch schon etwas geschrieben haben“, verwies Walser auch auf seinen 2012 publizierten Aufsatz „Das richtige Europa“.

An anderer Stelle entgegnete er charmant: „Die Frage ist fein, geht aber an mir vorbei.“ Europa, so der Dichter, hat Erfahrung im grenzüberschreitenden Lernen und Verstehen und ist ohne Griechenland „lächerlich“. Aus der Perspektive des Schreibenden zeichnet sich das Gebilde nicht allein durch die gemeinsame Währung aus, sondern sei im übertragenen Sinne eine historische Sprache, die jeder versteht.

Wohlmöglich, gab er zu bedenken, fehle es im philosophischen Sinn an der „Finalität, die Europas Bestehen begründet“. Dem Publikum gefiel die Plauderei. Und weil im zweiten Teil der Autor aus seinem aktuellen Buch „Die Inszenierung“ las (wie in Tolstois „Anna Karenina“ und Flauberts „Madame Bovary“ geht es um Ehebruch), gab es am Ende lang anhaltenden, tosenden Applaus.

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