Schriftstellerin Elke Heidenreich: „Seifenoper — finde ich herrlich“

Elke Heidenreich über ihre Gastrolle bei „Verbotene Liebe“ und warum jeder eine Lieblingsserie braucht.

Berlin. Sie ist Schriftstellerin, Literaturkritikerin, Opernliebhaberin — und bekennender Fan der ARD-Seifenoper „Verbotene Liebe“: Elke Heidenreich mag die triviale Fernsehserie, in der seit 17 Jahren blut- und tränenreich die Intrigen in mehreren Adelsfamilien geschildert werden. Als die Macher der ARD-Glamoursoap ihr eine Gastrolle anboten, sagte die 69-Jährige, die 2008 im Streit mit dem ZDF ihre Büchersendung „Lesen!“ aufgeben musste, begeistert zu.

Frau Heidenreich, Sie haben neulich in einem Zeitungsessay eine Lobeshymne auf die Seifenoper „Verbotene Liebe“ angestimmt. . .

Elke Heidenreich: Und am Ende schrieb ich: „Ach, da einmal mitspielen zu dürfen!“ Eigentlich war das ironisch gemeint. Aber dann kriegte ich tatsächlich eine kleine Rolle angeboten und habe natürlich zugegriffen.

Wie wurden Sie zum Fan?

Heidenreich: Freundinnen von mir haben das dauernd geguckt, und ich habe immer gesagt: „Was für ein Unsinn, das tut man doch nicht.“ Aber als ich eine Zeitlang krank im Bett lag, habe ich mich gelangweilt und halt doch mal reingeschaut. Dann bin ich hängen geblieben, weil die Dialoge so witzig waren. Seitdem strukturiert mir das den Tag. Tagsüber sitze ich am Schreibtisch. So gegen 18 Uhr esse ich mein Tomatenbrot, trinke einen Tee und gucke „Verbotene Liebe“. Danach arbeite ich meistens weiter.

„Verbotene Liebe“ ist eine Glamoursoap mit adeligen Hauptfiguren, die auf Schlössern leben und Champagner schlürfen. Wie nah ist das am Alltag eines Bücherwurms?

Heidenreich: Der Glamour ist gerade das Witzige. Es spielt auf einem Schloss, alle sind reich, und obwohl sich alle hassen, frühstücken sie doch miteinander. Wenn dann der Graf sagt: „Ich höre, der Südflügel modert“, dann ist das grotesk und komisch. Also, ich finde das herrlich, gerade weil es mit der Realität so gar nichts zu tun hat — nicht mit meiner Welt, aber mit der von echten Fürsten sicherlich auch nicht.

Waren Sie früher schon Fan anderer Serien?

Heidenreich: Aber natürlich! Ich mag Serien, weil man sich so schön darauf freuen kann — ich finde das enorm entspannend, immer dieselben Figuren zu sehen. „Dallas“ habe ich wahnsinnig gerne geguckt. Dienstagabends haben wir uns am Telefon alle nur gemeldet mit: „Ewing Oil, was kann ich für Sie tun?“ Ich bin ein großer Freund von Serien wie „Schwarzwaldklinik“, solange sie alltagsentrückt sind. Serien wie „Lindenstraße“, die den bürgerlichen Küchenmief widerspiegeln, ertrage ich nicht.

Alle Welt schwärmt von den modernen US-Serien. Ist es nicht peinlich, sich als Fan einer trivialen deutschen Soap zu outen?

Heidenreich: Ich finde nicht, dass einem so was peinlich sein muss. Ich habe so viel zu tun, was meinen Kopf beansprucht und meine arme Festplatte glühen lässt. Ich bin immer glücklich, wenn ich zwischendurch dasitzen und lachen darf über Dialoge wie: „Kann ich etwas für dich tun?“ — „Wenn du so fragst: Fall tot um.“

Braucht jeder so eine kleine triviale Ecke der Entspannung?

Heidenreich: Ich finde, so was braucht man, wir können nicht immer nur funktionieren. Serien sind die trivialen Mythen unserer Zeit. Ich gehe ja viel in die Oper, da sehe ich dasselbe bei Wagners „Ring des Nibelungen“. Großes Familientheater! Wotan baut sich ein Schloss, kann es nicht bezahlen, macht einen Deal mit der Unterwelt — und am Schluss geht alles unter. Oder nehmen Sie den Inzest der Geschwister Siegmund und Sieglinde, die mit Siegfried ein Kind kriegen, das von Anfang an verflucht ist: Was ist das anderes als verbotene Liebe?

Dürfte es in der aktuellen deutschen Literatur auch manchmal etwas lebenspraller zugehen?

Heidenreich: Ich habe gerade ein wunderbares Buch von Herbert Rosendorfer gelesen, das heißt „Huturm“ und dreht sich um den Niedergang einer Fürstenfamilie. Das hat so viel Witz, da lacht man sich auf jeder Seite kaputt. Das kann kaum ein Autor. Die meisten haben keinen Humor, die wollen alle ganz wichtig und bedeutend sein. Alles ist bierernst, wir grämen uns immer und suchen nach dem Sinn — als wäre das Leben nicht der Sinn. Und wenn ich so viel Gegräme gelesen habe, dann habe ich wieder richtig Spaß an „Verbotene Liebe“.

Wo erscheinen Ihre Literaturkritiken zur Zeit?

Heidenreich: Ich habe vier Mal im Jahr eine Büchersendung beim Radiosender WDR 4, ich schreibe eine Literaturkolumne, und bald wird es auch wieder etwas mit mir im Fernsehen geben.

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