Wird Suhrkamp zum Geisterhaus?

Es ist unklar, was der Gesellschafter Barlach mit seinen Klagen erreichen will.

Berlin. Der Suhrkamp Verlag ist die literarische Heimat von Hermann Hesse, Bertolt Brecht und Peter Handke, er lieferte das intellektuelle Futter der Republik mit Schriften von Adorno, Benjamin und Bloch, er steht für die Bestseller von Uwe Tellkamp und Isabel Allende („Das Geisterhaus“): Mit dem Namen verbindet sich ein Teil der Kulturgeschichte der Bundesrepublik. Ob der Verlag aber bestehen bleibt, wird sich bald herausstellen.

Vordergründig geht es um die Nutzung der Villa in Berlins Nobelviertel Nikolassee, wo die Suhrkamp-Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz (61 Prozent der Anteile) wohnt und einen verlagseigenen Literatur-Salon führt. Der Unternehmer Hans Barlach, der über eine Medienholding Minderheitseigner (39 Prozent) ist, hat gegen sie geklagt — und in erster Instanz gewonnen.

Das Berliner Landgericht verfügte die Abberufung von Unseld-Berkéwicz als Verlagsgeschäftsführerin. Die Witwe des Suhrkamp-Patriarchen Siegfried Unseld soll bei der Vermietung der Villa für Events Geschäftliches und Privates vermischt haben. Es geht dabei um rund 280 000 Euro.

Offen ist, welche Ambitionen Barlach, Enkel des Bildhauers Ernst Barlach, verfolgt. „In dem seit zehn Jahren schwelenden Machtkampf hat Hans Barlach keine inhaltliche Vision vorgestellt, wie sie für einen solchen Verlag unabdingbar ist“, sagt Stephan Füssel, Professor am Mainzer Institut für Buchwissenschaft.

Tatsächlich können Investoren hier nur begrenzt auf das große Geld hoffen. „Bei Suhrkamp geht es zunächst einmal um eine kulturelle und gesellschaftliche Rendite“, sagt Füssel. „Natürlich muss auch ein Verlag langfristig schwarze Zahlen schreiben. Aber dass Suhrkamp etwa wie Random House aus dem Bertelsmann Konzern zehn Prozent Gewinn erwirtschaftet, ist nicht von vornherein zu erwarten.“

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