Bayreuth eröffnet: Der riskante Regie-Coup

Die Prominenz strömt nach Bayreuth, die Wagner-Halbschwestern engagieren Jonathan Meese für den „Parsifal“.

Bayreuth. Die Parade auf dem roten Teppich vor dem Festspielhaus lief wie am Schnürchen. Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine große Freundin der Wagner-Opern, zeigte sich vor der Eröffnung gut gelaunt in türkisfarbener Abendrobe. Die Berliner Bundespolitik war unter anderem vertreten durch Außenminister Guido Westerwelle Wirtschaftsminister Philipp Rösler und Gesundheitsminister Daniel Bahr (alle FDP).

Dazu kam Prominenz aus Film und Fernsehen: Veronica Ferres und ihr Partner Carsten Maschmeyer, Schauspielerin Michaela May und ihr Mann Bernd Schadewald sowie Erol Sander und seine Frau Caroline Godet. Über den roten Teppich schritten auch Gloria von Thurn und Taxis und ihre Tochter Elisabeth.

Zuvor jedoch hatten die Bayreuther Chefinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier einen Regie-Coup verkündet: Der skandalumwitterte Künstler Jonathan Meese soll 2016 die Oper „Parsifal“ inszenieren. Die Festspiele vertrauen damit einem Opernneuling, denn ein Musiktheaterstück hat der 42-jährige, der als Enfant terrible der Kunstszene gilt, noch nie erarbeitet. Die Titelpartie soll dann der Tenor Klaus Florian Vogt singen.

Mit Meese kommen die Wagners immerhin formal einen Schritt bei der so dringend notwendigen Verjüngung für Bayreuth voran. Doch das birgt Risiken, weil Meese schon mehrfach mit nationalsozialistischen Anspielungen bis hin zum Hitler-Gruß gearbeitet hat. Und das soll auf dem Grünen Hügel keinesfalls (mehr) zu sehen sein, wie der Skandal um den russischen Sänger Evgeny Nikitin zeigt.

Der 38-jährige Bassbariton sollte in der Titelrolle des „Fliegenden Holländer“ für Glamour und Aufsehen in Bayreuth sorgen. Doch nachdem am Wochenende seine Tätowierungen mit Nazi-Bezug öffentlich geworden waren, musste er nach einem Gespräch mit den Festspielleiterinnen abreisen.

Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier wiesen am Mittwoch Vorwürfe zurück, sie würden die nationalsozialistische Vergangenheit der Festspiele nur unzureichend aufarbeiten. Sie hätten die ihnen zugänglichen Unterlagen zur wissenschaftlichen Untersuchung bereitgestellt, sagte Katharina Wagner. „Wissenschaftler sind dabei, das aufzuarbeiten.“ Auch Bayreuth-Regisseur Hans Neuenfels, dessen „Lohengrin“ in diesem Jahr erneut gezeigt wird, attackierte die Leiterinnen. Die Aufarbeitung der Vergangenheit liege noch im Dunkeln, sagte er dem 3sat-Magazin „Kulturzeit“.

Zur Konsolidierung der Festspiele dürfte beitragen, dass Patrick Wasserbauer, bisher geschäftsführender Direktor der Bühnen Köln, dritter Geschäftsführer in Bayreuth werden soll. Die Wagner-Halbschwestern hatten wiederholt einen Experten für alle kaufmännischen Belange gefordert, weil sich der Verwaltungsaufwand vervielfacht habe

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