Brückner besteht Feuerprobe als Regisseur

München (dpa) - Schauspieler Maximilian Brückner hat seine Feuerprobe als Regisseur bestanden. Am Donnerstagabend gab es im Münchner Volkstheater minutenlangen Applaus für seine Inszenierung von Ludwig Thomas „Magdalena“.

Der 33-jährige Ex-„Tatort“-Kommissar präsentierte eine vielleicht nicht unbedingt gewagte, aber sehr stimmige Interpretation des Stoffes um bigotte Moralvorstellungen in der bayerischen Provinz.

Das Besondere: Aus der Titelfigur „Magdalena“ machte er einen Mann - eine männliche Ex-Prostituierte. Damit gelang es ihm problemlos, die ursprünglich im Deutschen Kaiserreich spielende Abrechnung mit der Scheinheiligkeit in ein bayerisches Dorf von heute zu transportieren, in der die verkappt homosexuelle Dorfjugend in Karohemden vor Biergartenkulisse Schwulenwitze erzählt.

Brückner, der ehemalige „Tatort“-Ermittler im Saarland, der auch seine Schauspiel-Karriere am Münchner Volkstheater begonnen hat, macht aus als typisch bayerisch geltenden Dingen wie der Maß Bier im Biergarten und fröhlicher Blasmusik zynische Werkzeuge einer ebenso bigotten wie grausamen Dorfgemeinschaft, in der der Einzelne und sein Schicksal nicht zählen. Angeführt wird der Mob vom Bürgermeister (Alexander Duda) höchstpersönlich.

Die angeblich moralische Instanz der Kirche versagt völlig und demaskiert sich selbst. Der Pfarrer (Benno Köckenberger) hat der verzweifelten Familie Mayr, die nach der Rückkehr des missratenen Sohnes vom ganzen Dorf geächtet wird, nur eins zu sagen: „Ich kann Dir da nichts sagen - beim besten Willen nicht.“ Das namensgebende Gleichnis von „Maria Magdalena“, das Gnade und Erbarmung Jesu zeigt, wird gnadenlos ad absurdum geführt. Hier wirft jeder den ersten Stein. Vergebung ist ein Fremdwort, echte Freundschaft und Loyalität gibt es nicht. Gebete werden zu hohlen Phrasen, das Wort „Pharisäer“ fällt.

In der Hauptrolle der männlichen „Magdalena“ ist Brückners überzeugender Bruder Florian zu sehen. Der wird trotz seiner vor allem zum Ende hin hervorragenden Leistung von Wolfgang Maria Bauer - auch ein ehemaliger TV-Kommissar („Siska“) - in der Rolle seines Vaters fast noch an die Wand gespielt.

Bauer spielt die Rolle des verzweifelten Vaters, der bei der vergeblichen Suche nach einem Rest Menschlichkeit und Gerechtigkeitssinn in der Dorfgemeinschaft zugrunde geht, mit einer unglaublichen auch physischen Präsenz, die ihm alles abverlangt. Dass er die Premiere ohne offensichtliche Verletzungen überstand, grenzt an ein Wunder, so gewaltig ist die Verzweiflung, die sich auf der Bühne entlädt. Die Dankbarkeit in seinem Blick, wenn er bei seiner Aushilfe Zenzi (Mara Widmann) Loyalität zu erkennen glaubt, ist herzzerreißend.

Er habe „schon ein bisschen Schiss“, hatte Neu-Regisseur Brückner vor der Premiere der „Welt am Sonntag“ gesagt. Diese Angst - so zeigte sich am Donnerstag - war unbegründet.

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