Der Faust 2015: Eine Theater-Gala in Zeiten des Terrors

Saarbrücken (dpa) - Wegen des Terrors im benachbarten Frankreich dachten die Theatermacher am Samstagmittag darüber nach, die Gala zur Verleihung des Theaterpreises Der Faust in Saarbrücken spontan abzublasen.

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Doch dann entschieden sie anders.

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„Das wäre ein zutiefst resignatives und absolut falsches Signal“, sagte die Präsidentin des Deutschen Bühnenvereins, Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos), am Abend. Vor Eröffnung der Gala für den Theaterpreis gedachten die rund 800 Gäste im Saarländischen Staatstheater (SST) bei einer Schweigeminute der Opfer der Pariser Anschläge.

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Dann führte Schauspieler Bernd Moss mit launiger Moderation zweieinhalb Stunden über die Gipfel der deutschen Theaterwelt. Die Gastgeber vom SST beschränkten sich auf zwei künstlerischen Einlagen. Dabei zeigten die Schlagzeuger des SST-Orchesters „Percussion Under Construction“ ihr Können und die Tänzer des hauseigenen Balletts gaben eine Kostprobe aus dem Stück „Cacti“. Die von vielen der Theaterschaffenden als wohltuend empfundene Kürze der professionellen Darbietungen quittierte das Publikum mit Applaus.

Einen Faust bekam ausgerechnet Mephisto, wie die Schauspielerin Bibiana Beglau, Gewinnerin der Trophäe, scherzhaft anmerkte. Die 44-Jährige wurde für ihre Interpretation von Goethes Teufel in einer „Faust“-Inszenierung des Bayerischen Staatsschauspiels München ausgezeichnet. Sie verband ihre Dankesrede mit einem Appell an ihre Kollegen, das Theater noch weiter zu öffnen - gerade auch für Flüchtlinge: „Wir drehen uns oft um uns selbst.“

Kritische Töne kamen auch von anderer Seite. Moderator Moss tat das auf kabarettistische Weise. So fasste er das Anforderungsprofil des Deutschen Bühnenvereins an einen Musiktheater-Regisseur lakonisch zusammen: „schwuler Innenarchitekt mit Abitur“. Den Preis in dieser Kategorie bekam allerdings eine Frau. Nachdenklich berichtete Andrea Breth von der Oper Stuttgart von ihrer „Ohnmacht und Ratlosigkeit“, wie Theater mit Terror wie in Paris umgehen soll.

Der Faust 2015 wurde in neun Kategorien vergeben. Die undotierte Auszeichnung geht an Kulturschaffende, deren Arbeit wegweisend für das deutsche Theater sei. Sie wird von der Kulturstiftung der Länder, der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, dem Deutschen Bühnenverein und einem jährlich wechselnden Bundesland vergeben.

Den Faust für den besten Tänzer bekam Alicia Amatriain. Einer der kurzen Trailer, in denen die Nominierten vorgestellt wurde, zeigte, wie ausdrucksstark die Spanierin den Teufel in „Die Geschichte vom Soldaten“ beim Stuttgarter Ballett tanzte.

Den Faust für die beste Regie im Schauspiel konnte Jette Steckel vom Thalia Theater in Hamburg entgegennehmen. Sie verband den Preis mit der Hoffnung, dass sie auch in Zeiten knapper Kassen „ineffizient, massenuntauglich, aber frei“ bleiben könne.

Für sein Lebenswerk wurde der österreichische Opernsänger Franz Mazura geehrt. In ihrer Laudatio würdigte Regisseurin die Andrea Moses den 91-Jährigen „als größten Sängerdarsteller“, den sie bisher erlebt habe. Mazura bezeichnete sie als „Weltstar“, der „normal“ geblieben und auch in seinem hohen Alter noch „unglaublich wach“ sei.

Der rote Teppich vor dem SST fiel kurz aus. Die meisten der großen Schauspielstars hatten angesichts der langen Reise ins Saarland abgesagt, wie es hieß. Prominentester Gast war Susanne Uhlen.

Die Schauspielerin hatte die Location abseits der Blitzlichtgewitter von Berlin oder Hamburg gewählt, um sich nach Brustkrebs-OP und Chemotherapie erstmals wieder in der Öffentlichkeit zu zeigen. „Der Abend hat richtig Lust auf Theater gemacht“, sagte die 60-Jährige, die Anreise aus Köln keineswegs bereute.

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