„Der geteilte Himmel“: Zeitgeschichte auf der Bühne

Dresden (dpa) - Eine berührende Liebesgeschichte: Mit viel Beifall hat das Dresdner Theaterpublikum am Samstagabend die Uraufführung einer Bühnenfassung von Christa Wolfs Erzählung „Der geteilte Himmel“ gefeiert.

Es ist die Geschichte einer unerfüllten Liebe kurz vor dem Bau der Berliner Mauer 1961. Darin geht es um Hoffnungen und Enttäuschungen einer vergangenen Zeit, innere Haltung und die stets aktuelle Frage nach dem Sinn des Lebens.

Schon das düstere Bühnenbild mit dem tiefschwarzen Hintergrund, dem weißen Himmel und dem gleißenden Scheinwerferlicht stimmt melancholisch und lässt nichts Gutes erahnen. Hier lernen sich die 18-jährige Rita und der promovierte Chemiker Manfred kennen und lieben. Die Geschichte wird in der Rückschau erzählt. Rita erwacht nach einem Unfall im Waggonwerk aus dem Koma und beginnt sich zu erinnern. Erst gegen Ende des Stücks stellt sie klar, dass dies wohl kein gewöhnlicher Unfall war. „Ich verübte einen Anschlag auf mich.“

Die junge Rita erscheint zunächst unbekümmert, begeisterungsfähig, offen für die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse. Sie will Lehrerin werden und absolviert ein Praktikum im Waggonwerk. Dort lernt sie Menschen kennen wie Rolf Meternagel, den ehemaligen Meister, oder den jungen Betriebsleiter Ernst Wendland. Und trotz aller Parteiwillkür, Intrigen und Unzulänglichkeiten in der Produktion - sie fühlt sich wohl dort. Manfred hingegen ist schon älter, er hat den Krieg erlebt und ist von den Verhältnissen desillusioniert. In seinem Beruf und in der Liebe zu Rita findet er Halt.

Als aber eines seiner Forschungsprojekte gestrichen wird, sieht er sich beruflich gescheitert, nimmt ein Angebot aus dem Westen an und kehrt von einem Kongress aus Westberlin nicht zurück. Damit schafft er Tatsachen. Seine Erwartungen an das Leben sind beruflicher Natur und klar formuliert. Anders als bei Rita, deren Hoffnungen und Visionen in der Inszenierung eher unscharf bleiben. Sie folgt Manfred zwar zunächst in den Westen, fühlt sich inmitten der schönen Häuser, breiten Straßen, bei Apfelsinen und Schokolade aber nicht zu Hause und kehrt zurück. Sie hat ihre Unbefangenheit verloren. Der Bau der Berliner Mauer macht die Trennung endgültig.

Die Rolle der Rita wurde in Dresden gleich dreifach besetzt: Lea Ruckpaul als das junge Mädchen Rita, Annika Schilling als Rita im Krankenhaus und Hannelore Koch als die Rita von heute. Sie ist es auch, die in einer Art Prolog gleich zu Beginn die Brücke in die Gegenwart schlägt, wenn sie sich vergeblich fragt, warum sie geblieben sei. „Es war die Hoffnung, dass sich die anderen durchsetzen werden.“ Als Manfred ist Matthias Reichwald zu sehen, der seit 2009 in Dresden auf der Bühne steht.

Die Erzählung „Der geteilte Himmel“ hatte Christa Wolf (1929-2011) einst bekanntgemacht, sie bekam dafür den Heinrich-Mann-Preis. Der Stoff wurde schon 1964 von Konrad Wolf verfilmt. Die rund zweistündige Dresdner Bühnenfassung ist ein Gemeinschaftswerk von Hausregisseur Tilmann Köhler, der Dramaturgin Felicitas Zürcher und dem Ensemble. Das Stück setzt die Reihe von Aufführungen des Hauses fort, die sich der jüngeren Geschichte annehmen. So hatte das Schauspiel unter anderem 2010 den „Turm“ von Uwe Tellkamp auf die Bühne gebracht. Laut Intendant Wilfried Schulz fiel die Wahl auch deshalb auf das Stück, „weil es aus dieser Zeit nur wenige Stoffe gibt.“

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