Große Oper: Lyrisches Flüchtlingsdrama

Große Oper: Bohuslav Martinus „Griechische Passion“ feiert in Wuppertal ihre Premiere.

Wuppertal. "Alleluja" singen die Dorfbewohner zur Geburt Christi - unbeeindruckt davon, dass sie soeben einen Mord begangen haben. "Kyrie eleison" (Herr, erbarme dich) singen die Flüchtlinge, denen das Dorf die Aufnahme verweigerte.

Um christliche Humanität geht es in der Oper "Griechische Passion", dem letzten großen Werk Bohuslav Martinus von1957. Die Handlung des Romans "Der erneut gekreuzigte Christus" von Nikos Kazantzakis hat Martinu verallgemeinert - Flüchtlingsdramen wie das aus Griechenland nach dem Ersten Weltkrieg spielen sich weltweit noch immer ab.

Die Wuppertaler Bühnen waren gut beraten, die Londoner Originalfassung der Oper zu wählen. Denn die dramatisch-erregte Musiksprache entspricht der sich zuspitzenden Handlung, in deren Mittelpunkt die Figur des Hirten Manolios steht. Dominik Wortig verkörpert ihn mit präsentem und von Leidenschaft gezeichnetem Tenor. Immer stärker identifiziert er sich mit seiner Rolle als Christus im Passionsspiel des Dorfes.

Er durchlebt die Konflikte und wandelt sich vom einfachen Hirten zu einem Hüter der Gerechtigkeit; setzt sich für die Flüchtlinge ein, entsagt seiner Liebe zu Katerina (hervorragend: Joslyn Rechter) und verurteilt den Priester Grigoris (von imposanter Stimme: Juri Batukov), der den Flüchtlingen die Cholera andichtet. Manolios wird exkommuniziert und schließlich von den Dörflern ermordet.

Musikalisch mischt Martinu in seiner großen Chor-Oper Stile und Mittel. Beteiligt sind mit exzellentem Gesang die Chöre der Wuppertaler Bühnen (Leitung Jens Bingert) und die Wuppertaler Kurrende (Leitung Martin Lehmann).

Der Kapitän (Schauspieler Marco Wohlwend) führt durch die stark wortbezogene Handlung; den 19durchweg brillant agierenden Solisten obliegen orchesterbegleiteter Sprechgesang, reines Sprechen, lyrische Gesänge und dramatische Arien.

Die schlüssige Inszenierung (Constanze Kreusch) betont eine Handlung, die sich durch ruhige Gegenüberstellung der Charaktere auf die inhaltliche Zerrissenheit der Handelnden konzentriert. Unterstrichen wird dies durch die großen geometrischen Formen, die die Bühne (Jürgen Lier) beherrschen und beeindruckende Bilder schaffen. Etwa das aufsteigende Dreieck als Berg Sarakina, auf dem die Flüchtlinge mit ihrem Priester Fotis (trotz Erkältung überzeugend: Dariusz Machej) lagern.

Das Wuppertaler Sinfonieorchester unter Hilary Griffiths, der auch die deutsche Übersetzung der Urfassung schrieb, wächst über sich hinaus: So packend interpretiert das Orchester die Musik, die sich aus alten Elementen und Neuer Musik zusammen setzt - rhythmisch unterfüttert von einem ganzen Arsenal an Schlaginstrumenten.

Den Wuppertalern ist wieder eine große Oper gelungen: Kreativität blüht auch oder gerade in Zeiten finanzieller Not. Bühne: nnnnn Ensemble und Chöre: nnnnn Orchester: nnnnn Dauer: 2 Stunden 20 Minuten, eine Pause. Aufführungen: 10. April, 29. April 19.30 Uhr; 18. April 18 Uhr. Karten unter: Tel. 0202/569-4444.

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