Imogen Kogge: Eine Frau mit Grundsätzen

Imogen Kogge zeigt sich als wandlungsfähige, neugierige Schauspielerin. Als Regisseurin inszeniert sie auch Opern.

Düsseldorf. Als Fernseh-Kommissarin hat Imogen Kogge Kultstatus erreicht. Die West-Berlinerin mit Wohnsitz in Potsdam klärte geheimnisvolle Mordfälle meist im ländlichen Milieu auf, spröde, zurückhaltend, eigenbrötlerisch und ohne großen Polizeiapparat.

Als sie 2010 nach fast zehn Jahren als ermittelnde Johanna Ernst von der ARD-Erfolgsserie „Polizeiruf 110“ Abschied nahm, waren viele überrascht. Aber die ungekünstelte Schauspielerin mit den roten Locken und der ruhigen Ausstrahlung hatte trotz satter Quoten die Nase voll.

Das Polizeiruf-Team vermisse sie zwar. Aber: „Das Krimi-Genre ist überheizt. Wenn abends vier Krimis in einem Programm zu sehen sind, nutzt sich das Genre ab“, sagt die begeisterte Krimi-Leserin. Schwer erträglich sei zudem, wenn Kommissare immer ausgeflippter sein müssen.

Die Kogge — eine Frau mit Grundsätzen, auch wenn sie über ihre Arbeit am Düsseldorfer Schauspielhaus spricht. Man spürt ihre Enttäuschung über den überraschend schnellen Rückzug des Intendanten Staffan Valdemar Holm, der Kogge 2011 an den Rhein geholt hatte. Sechs Jahre Düsseldorf sollten es werden. Von 2014 an sitzt aber vermutlich ein anderer im Chefsessel, der — wie in der Branche allgemein üblich — eine eigene Mannschaft mitbringt.

Die Suche beginnt aufs Neue. Für sie als 55-Jährige nicht einfach. „Viele Frauenrollen mittleren Alters besetzen Jungregisseure heute mit jungen Schauspielerinnen“, sagt sie. Das klingt realistisch. Zu Pessimismus habe sie keinen Anlass. Sie ist nach wie vor im Fernsehen und Film präsent.

Damit nicht genug: Wie vielseitig sie ist, bewies sie vor zwei Wochen in Köln. Zusammen mit Bühnenbildner Tobias Hoheisel inszenierte Kogge die Donizetti-Oper „Anna Bolena“. Warum Oper? „Ich habe Gesang studiert und ein Faible für die Oper.“ Bereits sechs Musikdramen setzte sie mit ihrem Studienfreund Hoheisel in Szene.

Die Tragödie um die zweite Frau des Tudor-Königs Heinrich VIII., die für Anna auf dem Schafott endet, bringt Kogge als Dreiecks-Psychodrama auf die Bühne und als Belcanto-Fest schöner Sopranstimmen. Keine Mätzchen, keine aufdringlichen Regie-Einfälle, keine Zertrümmerung von Königsdramen. Kogge beherrscht die Personenregie, das wird deutlich, wenn manche das auch als traditionelle Regie abtun.

Ist sie eine Konservative? Der Vorwurf sei ihr egal. „Leute, die mich kennen, wissen, wie ich bin.“ Extrem wandlungsfähig, neugierig und risikofreudig wirkt sie jedenfalls auf Düsseldorfs Schauspielbühne. Zu erleben war sie dort als Hamlets Mutter, Königin Gertrud, und in Isaak Babels Revolutions-Drama „Marija“. Darin entfachte sie großen Jubel, besonders wegen einer Briefszene. Als einfühlsame, ausdrucksstarke Darstellerin kommt sie über die Rampe. Sie habe viel Glück mit Regisseuren gehabt in ihrer langen Theaterkarriere. Allein 14 Jahre an der Berliner Schaubühne und vier Jahre in Bochum arbeitete sie mit Großmeistern wie Peter Stein, Luc Bondy, Klaus-Michael Grüber und Andrea Breth.

Heute werden immer öfter Romane für die Bühne umgearbeitet. Schade, meint sie, aber es reiche vielen nicht mehr, einfach ein Stück zu erzählen. Kogge: „Der Transport auf die Bühne mag ja interessant sein. Aber ich habe noch keine gelungene Bühnenfassung eines bedeutenden Romans gesehen.“ Außerdem bleiben ihrer Meinung nach viele Details von epischen Werken beim „Transport“ ins Theater auf der Strecke.

So richtig in Düsseldorf angekommen ist sie nicht. Sie ist wohl zu viel auf Achse, besucht ihre Tochter Leonie, die in Tübingen studiert, pendelt zwischen Potsdam, der NRW-Hauptstadt und Zürich, wo sie in Eugène Scribes Komödie „Das Glas Wasser“ mal wieder eine Königin spielt.

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