Interview: Ob ich noch vernünftig werde?

Der Liedermacher Klaus Hoffmann über Lust am Risiko, den zwickenden Meniskus und seinen Erfolg beim weiblichen Publikum.

Herr Hoffmann, zu Ihren Konzerten kommen nach wie vor sehr viele Frauen - woher rührt Ihre große Wirkung auf das weibliche Geschlecht?

Hoffmann: Ich habe vor einiger Zeit ein Porträt über Sinatra gesehen: Ein klappriger Typ in einem Riesen-Jackett mit Segelohren - und die Frauen brachten sich um für ihn. Warum? Dann habe ich beobachtet, wie er singt, was in seinen Augen liegt und dass er dich ganz persönlich zu meinen scheint. Das sind offenbar Gesetzmäßigkeiten der Natur: Es ist das alte Lied des Jungen, der beschützt, getragen, begleitet werden will - von wem? Frau allein ist mir hier als Antwort zu wenig, es ist eher die große Mutter...

Hoffmann: Ich weiß es nicht. Damit sollte man auch vorsichtig sein, wenn man noch singt. Warum macht ein Fettsack wie Depardieu die Frauen an? Schwächen, Sinnlichkeit, Offenheit: Vielleicht nehmen Frauen solche Menschen leichter an.

Hoffmann: Und kämpferisch! Sie prägen ja gerade ein Bild, das ich doch etwas korrigieren muss (lacht). Also, das Kämpferische kommt dazu, das Querdenkerische, der freche Junge.

Hoffmann: Eine Jugendlichkeit, sofern sie wirklich wahrhaftig ist, muss man nicht beschreiben - das hat ja dann auch leicht etwas Selbstverliebtes. Und auf jeden Fall Risiken einzugehen - all solche Dinge, die ich mir in den letzten Jahren ein wenig verkniffen habe.

Hoffmann: Weil ich meinen Beruf sehr gut machen wollte. Dabei ist der eigentliche Träger meiner Lieder genau dieser Junge. Der andere, das ist der Kerl, der mich lektoriert, redigiert, kontrolliert.

Hoffmann (lächelt): Durchbrochen mit meiner Schläue und Intelligenz werde ich diesen Zwiespalt schon ertragen können. Was ich auf jeden Fall möchte, ist viel mehr schreiben und auch wieder Theater spielen. Letztlich geht es doch darum, dass du dein Ding machst - und in dieser Hinsicht bin ich wirklich verwöhnt. Auch wenn ich jetzt ein wenig jammere und mit Blick auf meinen Meniskus erst mal in mich gehen muss (lacht).

Hoffmann: Natürlich kannst du dir den nicht auferlegen wie eine Pose, aber den Jungen kann man wecken. Ich habe das eines Tages gemerkt, als ich mich fragte: Wie verhält sich ein 60-jähriger Mann? Wackelt der mit dem Kopf? Wird der vernünftig, weil er etwas am Meniskus und in den Gelenken hat? Ich fand das eigentlich gar nicht schlecht, aber da war in mir so ein junger Kerl, der machte ganz verrückte Sachen - hätte ich den jetzt schelten müssen? Also habe ich mir die Frage gestellt: Wie kriege ich die beiden zusammen? Auf der Bühne gelingt mir das, aber im Leben ist das nicht ganz so einfach.

Hoffmann: Ja, das wäre toll - ist Ihnen das zu positiv? Diese Gefahr der Verfügbarkeit, also einfach das zu erfüllen, was die Leute von einem erwarten, ist mir natürlich bewusst. Als ich für meine Konzerte jetzt ein neues Programm schrieb, habe ich mich damit sehr schwer getan - doch einen Satz finde ich richtig gut: Ich werde versuchen, dir heute Abend alles zu zeigen, was du an mir gut findest. Genau das ist mein Beruf.

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