Ruhrtrienale: Blechtrommel nichts für die Bühne

Das Theaterstück ist lediglich eine brave Nacherzählung.

Bochum. Der Meister hat sein Placet gegeben und so kommt der größte deutsche Nachkriegsroman hier auf die Bühne - nachdem er 2007 bereits in Danzig dramatisiert wurde. Günter Grass’ opus magnum "Die Blechtrommel" ist ein gewaltiges Panorama, das aus der Sicht des kleinen Oskar Matzerath deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts Revue passieren lässt.

Es ist die Außenseiterfigur und ihre Sicht für die kleinen Dinge, und es ist die barocke Sprache, die den Roman so faszinierend machen - und die nun in der Fassung von Armin Petras zu einem brav nacherzählten "Best of" verkümmern. Es ist zwar alles da, vom Sex unterm Rock bis zu den Aalen im Pferdekopf, doch ohne erkennbare konzeptionelle Verdichtung.

Immerhin leuchtet der Kunstgriff von Regisseur Jan Bosse ein, die sieben Schauspieler neben anderen Figuren auch allesamt Oskar verkörpern zu lassen.

Die Männer (Hans Löw, Robert Kuchenbuch, Ronald Kukulies) tragen kurze Hosen, die Frauen (Ruth Renecke, Cristin König, Anne Müller, Britta Hammelstein) kurze Kleidchen (Kostüme: Kathrin Plath): Kinder, die über die Projektion von Erinnerungsfotos ins Erzählen geraten. Der Roman schrumpft auf Familienalbumgröße, dessen Intimität jedoch durch die Jahrhunderthalle a priori zerstört wird.

Es dauert lange, bis aus dem öden frontalen Erzähltheater endlich Szenen werden. Mit Kartoffelwürfen wird Oskar gezwungen, die Suppe seiner Spielkameraden zu essen. Gauleiter Löbsack ist ein Sieg-Heil-Ungeheuer, dessen Parade der kleine Held mit einem Walzerrhythmus zertrommelt. Für die Aalszene werfen die Schauspieler effektvoll mit ringelndem Fruchtgummi.

Trotz mancher eindrücklicher Szene, das Subversive und Barocke des Romans bleibt auf der Strecke. Lieblos werden Oskars erste Liebe zu Maria oder die Fronttheaterepisode abgehandelt. Der Abend endet mit dem Beerdigen der Trommel durch Oskar, die Nachkriegsepisoden sind gestrichen. "Was suchte Oskar?" wird zu Beginn und am Ende der Aufführung gefragt. Die Frage gilt auch für die Produktion, und sie bleibt unbeantwortet.

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