Shakespeares „König Lear“ als Solo-Stück: ,Hör nicht auf die Lerche’

Bea von Malchus gibt im Neusser Globe Shakespeares „König Lear“ als Solo-Stück.

Neuss. Manch ein Stadtkämmerer möchte bei dieser Vorstellung wohl glänzende Augen bekommen. Bea von Malchus bringt beim Shakespeare-Festival in Neuss „König Lear“ als Ein-Personen-Stück auf die Bühne und braucht als Ausstattung lediglich einen Hocker und ein paar Tonspuren. Könnte das nicht zur Stadtsäckel-Schonung wegweisend für die Theater sein?

Nun, dafür bräuchte man schon mehrere Bea von Malchus’, die so rasant zwischen dem altersbuckligen König Lear und seiner Sadismus-geilen Tochter Regan, zwischen einem bodenständigen Hofnarren und einem intriganten Sexy-Edmund, zwischen einem proletenhaften Herzog von Cornwall und einem aktenschiebenden Earl of Kent wechseln können und noch Chansons und Pantomime einstreuen.

16 Rollen, darunter einen hechelnden Mops, charakterisiert die Schauspielerin aus Freiburg durch je einen Gesichtsausdruck, einen Dialekt und eine bestimmte Raffung ihres roten Umhangs — sehr schlicht, sehr wirkungsvoll.

„Hör nicht, wie die Lerche singt, ich bin sicher, dass sie dämlich klingt“ — Shakespeares schwärzeste Tragödie wird bei von Malchus über weite Strecken zur Farce, die sich muntere Brüche wie eine „Scheiße, Scheiße, Scheiße“-schimpfende Cordelia erlaubt und sogar „putenfleischfarbene Kompressionsstrümpfe“ als Altersplage berücksichtigt. Das ist vergnüglich, einfallsreich gemacht und toll transportiert. Aber das will und kann nicht die intellektuelle Gewichtsklasse der städtischen Theater erreichen.

So kann es sich Bea von Malchus leisten, zum Finale die Lear-Version von Nahum Tate aufzugreifen, die bis ins 19. Jahrhundert auch auf britischen Bühnen bevorzugt wurde — die schwelgt nämlich im Happy-End. Das Publikum im Neusser Globe-Theater war begeistert.

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