Stern der Satire für Marlene Dietrich in Mainz

Mainz (dpa) - Erst fand ein Regisseur ihre Stimme zu piepsig - doch schon bald darauf spielte die junge Künstlerin „die fesche Lola“. Marlene Dietrich (1901-1992) begann ihre Karriere einst in einer Berliner Kabarettrevue, nachdem der Regisseur dann doch noch von ihren „Beenen“ und der idealen Schnoddrigkeit überzeugt werden konnte.

Um diese Seite der großen Filmschauspielerin zu ehren, bekommt Dietrich zu ihrem 20. Todestag am 6. Mai einen Stern auf dem „Walk of Fame der Satire“ in Mainz.

„Wir haben uns die große Diseuse für diesen besonderen Anlass aufgehoben“, erklärt Jürgen Kessler, Leiter des Deutschen Kabarettarchivs. Immerhin ist es schon der 74. Stern, der im Trottoir vor dem Proviant-Magazin an einen Kabarettkünstler erinnert.

Der Filmstar Marlene Dietrich hat bereits Sterne auf dem „Walk of Fame“ in Hollywood und Berlin, aber sie begeisterte eben auch mit Chansons. „Marlene Dietrich war die weltweit bekannteste Vertreterin dieser Spielform des literarischen Kabaretts“, sagt Kessler.

So war dann auch ihr Leinwand-Welterfolg „Der blaue Engel“ (1929/1930) gespickt von kabarettistischen Botschaften, wie Kabarett-Historiker Volker Kühn betont. „Marlene gab darin das Kabarettmädchen - und die Texte der Lieder, die bald zu Schlagern wurden, hat der Großmeister des deutschsprachigen Kabaretts, Friedrich Hollaender, geschrieben.“ Also die unvergessenen Gassenhauer „Ich bin die fesche Lola“ oder „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“. „Mit diesem Film lösten sich diese Schlager von der (Kabarett)-Szene, für die sie geschrieben waren“, so Kühn.

Ihren ersten Erfolg auf der Kabarettbühne feierte Marlene Dietrich aber in Berlin. Für die Revue „Es liegt in der Luft“ wurde sie - nach den anfänglichen Bedenken des Regisseurs - „gecastet“. „Der künstlerische Direktor hatte erkannt, dass in ihrer Stimme etwas Rotziges, Augenzwinkerndes und Sexappeal lagen“, sagt Kühn, der vor Jahren die deutsche Bühnenfassung von „Marlene“ mit Judy Winter ins Theater brachte.

Um damals das Piepsige aus Marlene Dietrichs Stimme zu bekommen, wurde die Melodie einfach immer tiefer gesetzt, bis es passte. Mit dem für die Zeit anrüchig-emanzipatorischen Frauen-Duett „Wenn die beste Freundin mit der besten Freundin....“ kam Dietrich dann groß raus, erinnert Kühn. „Und so wurde sie zum Star des Kabaretts.“

Marlene Dietrichs künftiger Stern in Mainz erstrahlt nach den Worten von Kabarettarchiv-Leiter Kessler auch für die Haltung hinter ihren Chansons, mit denen sie weltweit gegen Faschismus, Rassenhass und Krieg angesungen habe. Seit 2004 erinnert der Mainzer „Walk of Fame“ an Künstler aller Spielformen der Satire, unter anderem Loriot, Werner Finck, Hanns Dieter Hüsch, Kurt Tucholsky oder Erika Mann. Gefeiert wird die Enthüllung am Sonntag mit einer von Kühn gestalteten Marlene-Retrospektive.

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