Sternstunde des Balletts

Martin Schläpfers neuer Tanzabend begeistert das Publikum.

Duisburg/Düsseldorf. Es ist bedauerlich, dass viele Duisburger Politiker dieses Ereignis nicht miterlebten. Denn während sie planen, ihrer Oper eine Million Euro zu streichen, feierten ihre Wähler am Samstag den neuen Ballettabend von Martin Schläpfer in einem ausverkauften Theater mit stehenden Ovationen. „Ein gutes Zeichen für Duisburg“, sagte Christoph Meyer, Intendant der Oper Düsseldorf-Duisburg.

Dieser vierteilige Abend „b 14“ ist eine Liebeserklärung an das Ballett, und die Uraufführung von Schläpfers „Johannes Brahms — Symphonie Nr. 2“ ihr Höhepunkt. Das Publikum staunte über eine Compagnie, deren Höchstleistungen es zu kennen glaubte, „b 14“ jedoch offenbart eine Steigerung ihres Könnens. Hier tanzt zweifellos eines der besten Ensembles Deutschlands, wenn nicht gar Europas.

Die Fäden zieht ein erfinderischer Chefchoreograf. Dass Schläpfer die Ideen ausgehen könnten, ist nicht zu befürchten. Er hat für Duisburg und Düsseldorf bislang 14 Glanzstücke komponiert, seine Vorratskammer kommt einem Füllhorn gleich.

Brahms zweite Symphonie ist ein Musikwerk, dessen behagliche Grundstimmung von schmerzlichen Seitenhieben gezwickt wird. Der Komponist selbst nannte sein Werk „das neue liebliche Ungeheuer“, und mit eben solchen Doppeldeutigkeiten nimmt es Schläpfer am liebsten auf. Dieses Mal kreist er das Wesen der großen Ballette ein: Schwanensee, das Märchen von der verzauberten Prinzessin, deren Erlösung nur die wahre Liebe vollbringen kann.

Tänzerisch ist dieses Werk eines der anspruchsvollsten in der Ballettgeschichte, seine Romantik überbordend. Schläpfer jedoch sprenkelt nur gerade so viel Schwärmerei ein, wie nötig ist, um den warmen Unterton der Choreografie zu bewahren. Verschwenderisch ist hingegen die Ballettkomposition, meisterhaft erkunden die Tänzer das Bewegungsvokabular.

Selten sah man bei Schläpfer so viele Pirouetten. Und immer wieder dehnt er die klassischen Figuren in pure Akrobatik aus. Wenn die Primaballerina Marlúcia do Amaral tanzt, scheinen sich Körperproportionen aufzulösen.

Wunderbare Wegweiser zu Schläpfers Brahms sind drei Werke der Altmeister Ashton und Tudor. Poetische Miniaturen vor großartiger Kulisse. Es ist ein perfekter Abend für Romantiker und tiefenpsychologisch Suchende gleichermaßen. Und für Musikliebhaber dank des brillanten Spiels der Duisburger Philharmoniker und Solisten unter Generalmusikdirektor Axel Kober.

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