Theaterpremiere in Krefeld: Interniert und abgeschoben

Joachim Zelter entwirft in „Schule der Arbeitslosen“ eine böse Utopie. In Krefeld feierte das Stück nun Premiere.

Krefeld. In Senftenberg hat man es schon versucht, in Osnabrück war er mit der Inszenierung der eigenen Dramatisierung seines Romans nicht zufrieden. Im Stadttheater Krefeld aber kam Autor Joachim Zelter jetzt zum Applaus auf die Bühne, dieses Mal also schien er einverstanden mit seiner "Schule der Arbeitslosen". Christian von Treskow, künftiger Schauspielintendant des Wuppertaler Theaters, hat den Text postdramatisch geschickt inszeniert.

Zelters Roman ist eine negative Utopie. Sie spielt im Jahr 2016, doch sie ist unserer Hartz-IV-Zeit nah. Der "Terror der Ökonomie", so ein Buchtitel, schlägt in dem Text mit einer Gewalt zu, deren menschenverachtende Grundtendenz unübersehbar ist. Ort der Handlung ist "Sphericon", eine Schule, in die die Bundesagentur Arbeitslose zum Bewerbungstraining schickt. Die Teilnahme ist freiwillig, doch wer sich entzieht, dessen Daten werden gelöscht. Die Schule gleicht einem Internierungslager, in Krefeld sogar mit Doppelstockbetten (Bühnenbild: Sandra Linde).

Das Stück ist kein herkömmliches Drama, Prosapassagen wechseln mit Dialogsequenzen. Die Regie hat die Ebenen geschickt verschränkt, man folgt diesem satirischen Diskurs mit Spannung, obwohl weit und breit kein Held aufscheint, mit dem man sich identifizieren könnte.

Das liegt in der Natur der Sache, wenn es um Menschen geht, deren letzte Reste von Individualität gebrochen werden. Zynischer Gipfelpunkt der Ausbildung in "Sphericon" ist die Aufforderung an die Trainees, sich doch eine attraktivere Biografie zurecht zu lügen. Ob man diese dann überzeugend vorträgt, wird in scharfen Verhören überprüft.

In der zweiten Hälfte werden die Trainees zur Bewerbung um eine Trainerstelle in der Schule aufgefordert, hier lässt von Treskow die Handlung ins Absurde kippen. Die Ausbilder treten als böse Clowns auf, die Trainees als traurige Pierrots. Die unseligen TV-Selektionsshows, die der Ausweglosigkeit prekärer Verhältnisse mitleidlos Pointen entlocken, bekommen hier ihr Fett weg. Insgesamt eine gelungene Inszenierung, die auch junges Publikum interessieren kann und sollte.

AutorJoachim Zeltner wurde 1962 in Freiburg geboren und lehrte deutscheLiteratur an der Yale University (USA). Seit 1997 ist er alsfreischaffender Schriftsteller tätig, der Romane, Erzählungen, Essays,Hörspiele und Dramen verfasst. Er erhielt für sein Schaffen bisher denThaddäus-Troll-Preis und mehrere Stipendien. Ein Kritiker meinte zuseinem Roman "Schule der Arbeitslosen": "(Er) trifft ins Mark derdeutschen Wirklichkeit."

Regisseur ChristianvonTreskow, geboren 1968, übernimmt ab2009 die Leitung der Sparte Schauspiel der Wuppertaler Bühnen. Dortinszeniert er seit zwei Jahren, zuletzt Goethes "Urfaust" alsRockspektakel.

Inszenierung: nnnnn

Ensemble: nnnnn

Bühne/Ausstattung: nnnnn

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