„Werther“ an der Rheinoper: Die Leiden eines Liebenden

Massenets Drama „Werther“ an der Rheinoper: Starke Stimmen und eine Idee zu viel.

„Werther“ an der Rheinoper: Die Leiden eines Liebenden
Foto: Hans-Jörg Michel

Düsseldorf. Jules Massenets romantische Literatur-Oper „Werther“ nach Goethes frühem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ ist eine Liebestragödie von urgewaltiger Leidenschaft. Anders als bei Goethe, wo alles aus dem Blickwinkel der Titelfigur erzählt wird, erlebt der Besucher der Massenet-Oper lebendige Charaktere mit eigenständigen Profilen. Vor allem die Figur der Charlotte erlangt am Ende die Größe einer tragischen Heldin. Sie und Werther erweisen sich als perfektes Paar. Doch diese Erkenntnis kommt für beide zu spät.

Regisseur Joan Anton Rechi inszeniert das Stück an der Rheinoper als traumähnliche Rückblende. Gleich zu Beginn der Ouvertüre fällt ein Gewehrschuss, der Betrachter sieht zur Musik den langsam sterbenden Werther in einem grünen Plüschsessel. Der Darsteller im blutroten Anzug erweist sich als Double, das traumwandlerisch die eigene Geschichte verfolgt.

Dieser Regieeinfall trägt viel zur Klärung des Bühnengeschehens bei. Heutzutage erlebt es der Opernbesucher ja selten, dass Regisseure die Verständlichkeit der Werke steigern. Doch hier gewinnt die Handlung durch die inszenatorischen Eingriffe an Kontur.

Aber leider hat Rechi ausgerechnet am emotional überschäumenden Schluss einen Einfall zu viel: Er kommt auf die absurde Idee, das Duett zwischen Werther, der sich selbst angeschossen hat, und der verzweifelten, ihrer Liebe gewahr werdenden Charlotte als Telefongespräch in Szene zu setzen. Das ist schlimmer als in einem schlechten Krimi: Es führt zu unfreiwilliger Komik, wenn das Paar sein letztes Liebesbekenntnis in den Hörer säuselt.

Durchgehend überzeugen dagegen die Sänger, allen voran die Mezzosopranistin Katarzyna Kunico als Charlotte und der Tenor Sergej Khomov in der Titelrolle. Kunico verfügt über ein zunächst unauffälliges Stimmmaterial, das aber an Stellen, wo Power gefordert ist, plötzlich aufglüht wie Wolframdraht.

Auch Khomov, der schon in den 90er Jahren als Des Grieux in Massenets „Manon“ glänzte, zeigt stimmliche Stärken. Zwar wirken hohe ѳTöne etwas angestrengt, doch bewältigt der Sänger die schwere Partie größtenteils souverän.

Unter der Leitung des jungen Kapellmeisters Christoph Alt-staedt musizierten die Düsseldorfer Symphoniker grundsolide, allerdings streckenweise etwas matt. Die Höhepunkte zum Schluss loderten zwar auf, doch bis es soweit war, knauserte man mit orchestralem Brennstoff.

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