Cameron Carpenter - Der Rockstar an der Kirchenorgel

Der US-amerikanische Organist Cameron Carpenter lebt in Berlin — er reist rasant umher zwischen Klassik, Moderne und Popmusik.

Cameron Carpenter - Der Rockstar an der Kirchenorgel
Foto: privat

Berlin. Er ist ein Kosmopolit zwischen den Stilen, der US-amerikanische Organist Cameron Carpenter (33). Ob Musik von Johann Sebastian Bach oder eigene Arrangements von Pop-Songs oder ursprünglich für Klavier komponierte Etüden Frédéric Chopins — Carpenter kennt keine Repertoire-Grenzen. Er sieht aus wie das Model eines avantgardistischen Modelabels mit seinem Irokesen-Haarschnitt, der athletischen Figur und den körperbetonten Klamotten. Doch seine künstlerische Heimat ist nicht der Laufsteg, sondern die Kirchenempore.

Cameron Carpenter - Der Rockstar an der Kirchenorgel
Foto: privat

Wie ein schriller Pop- oder Rockstar vermarktet sich der Sohn eines Ofenbauers aus Pennsylvania, in dessen Werkstatt Camerons erste kleine Orgel stand. Doch hinter der etwas grellen Fassade steckt eine musikalische Riesenbegabung, gegen die alle Supertalente der bekannten Casting-Shows ganz blass erscheinen.

Bestes Dokument für das überragende Können des Amerikaners, der heute in Berlin lebt, ist seine Debüt-CD, die soeben bei Sony Classical erschienen ist. Der Musikrebell zündet ein Feuerwerk der Klänge an seiner „Touring Organ“. Sie ist das Instrument seiner Träume. Die Orgel wurde nach seinen eigenen Vorstellungen gebaut, in Zusammenarbeit mit den amerikanischen Pionieren der Digital-Orgel Marshall & Ogletree. Carpenters Orgel besitzt keine eigene Pfeifen, sondern nutzt digitalisierte Klänge von den berühmtesten Kirchenorgeln der Welt. So sitzt der Virtuose also immer an der ihm ideal erscheinenden Orgel für das jeweilige Stück, das er gerade spielt.

Auf der CD zumindest klingt das sehr überzeugend: Da spielt er zum Beispiel Variationen über ein französisches Weihnachtslied von Marcel Dupré (1886-1971) und alles klingt so bombastisch und farbig als sei das imposante Opus in der Pariser Notre Dame oder einer anderen französischen Kathedrale mit romantischer Monster-Orgel aufgenommen worden.

Dann zieht Carpenter wieder andere Register und präsentiert eigene Versionen von Songs wie „If You Could Read My Mind“ von Gordon Lightfoot oder „Back in Baby’s Arms“ (Bob Montgomery). Der vielseitige Musiker fordert seine Hörer auch mit abgelegenem Repertoire und meistert eine schwierige Orgelversion der diffus turbulenten 4. Klaviersonate des russischen Spätromantikers Alexander Skrjabin (1872-1915).

Dass Carpenter spieltechnisch keine Grenzen kennt, zeigt das Arrangement der flotten Candide-Ouvertüre von Leonard Bernstein. Schnelle Passagen am Pedal bereiten ihm keine Probleme. Er habe als Kind, als er begann Orgel zu spielen, gleichzeitig mit dem Tanzen angefangen. Daher sei er mit schnellen Bewegungen der Füße ganz einfach aufgewachsen.

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