Cicero verarbeitet Trennung musikalisch

Auf „Was auch immer kommt“ zeigt sich der Jazzsänger von seiner ruhigen Seite.

Cicero verarbeitet Trennung musikalisch
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Hamburg. Der Paradiesvogel unter den Jazz-Sängern hat es nicht leicht. Fast nie wird Roger Cicero nur nach seiner Musik bewertet. Allein an seinem exzentrischen Modegebaren haben sich Kritiker erschöpfend abgearbeitet. Etwa bei der Veröffentlichung des Albums „Artgerecht“, für das sich der Swing-Gockel in knallrotem Anzug fotografieren ließ — passenderweise mit Hahn auf dem Arm. Nicht umsonst kürte ihn die Frauenzeitschrift „Emma“ einmal zum „Pascha des Monats“.

Auch bei dem neuen Album „Was immer auch kommt“, das gerade erschienen ist, kann die Sinnsuche an der Oberfläche weitergehen. Nun aber schlägt Cicero leisere Töne an.

Auf dem fünften Studio-Album bewegt sich der als „Mr. Swing“ bekannte Hamburger weg vom satten Bigband-Sound. Die unaufdringliche Hintergrund-Begleitung von Gitarre und Keyboard hat die donnernden Einwürfe von Bläser-Ensembles ersetzt. Auf der neuen Platte löst Radio-Pop den spielerischen Cicero-Jazz früherer Tage ab. Seine sanfte Stimme steht im Vordergrund, was die Bedeutung der Texte unterstreicht. Vor allem in den vielen autobiografischen Songs zeigt sich der Interpret von einer bislang unbekannten, verletzlichen Seite.

In 13 Titeln verarbeitet er eine Phase der tiefgreifenden Veränderung: von Selbstfindung, der eigenen Sterblichkeit bis hin zu familiärem Neustart und Vaterglück reichen die Themen. Das Leitmotiv aber ist die Trennung von seiner Partnerin und Mutter seines fünfjährigen Sohnes. Der Bruch seiner Beziehung bedeutet gleichzeitig einen mit dem eigenen künstlerischen Werk. Seit dem Album „Männersachen“ war der Sänger bisher bekannt für glatt gebügelte Swing-Melodien, ironische Wortspiele und gelegentliche Seitenhiebe auf Geschlechter-Klischees. „Für mich ist es kein Trennungs-, sondern ein Transformationsalbum. Es geht darum, wie man mit Veränderung umgeht, das ist die Haupt-Message“, sagte Cicero.

Die Geschichte des Roger Cicero ist auch die Geschichte eines Stehaufmännchens. Zu Beginn hatte es den heute 43-Jährigen zum Jazzgesang-Studium nach Amsterdam gezogen. Mit Clubauftritten hielt sich der Sohn des Jazz-Pianisten Eugen Cicero am Anfang seiner Musikkarriere zunächst mühsam über Wasser. Erst mit knapp 36 Jahren schaffte er mit „Männersachen“ den Durchbruch. Später trat er auf dem „Eurovision Song Contest“ für Deutschland in Helsinki an.

„Ich hatte nie einen Plan B“, sagte Cicero dem Radiosender Bayern 1, „auch in schwierigen Zeiten war es immer so, dass es keine Alternative gab, außer: Weitermachen!“ Von Durchhalteparolen ist auch sein neues Album geprägt: „Hab die Kontrolle verlor’n, bin gekentert im Sturm und zum ersten Mal schau ich nur nach vorn“, singt er in der ersten Single-Auskopplung „Wenn es morgen schon zu Ende wär’“.

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