Erster Weltkrieg: Historiker Gerd Krumeich im Heydt-Museum in Wuppertal

Historiker spricht in Wuppertal über den Ersten Weltkrieg.

Erster Weltkrieg: Historiker Gerd Krumeich im Heydt-Museum in Wuppertal
Foto: dpa

Wuppertal. Wer trägt Schuld am Ersten Weltkrieg? Im Schatten des noch grausameren Zweiten Weltkrieges sei der Ausgangspunkt des Katastrophenzeitalters in Vergessenheit geraten, sagte Historiker Gerd Krumeich, der bis 2010 an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf lehrte. Dass die Kriegsschuldfrage dennoch polarisiert, zeigte sich am Dienstagabend im Von der Heydt-Museum in Wuppertal. Im Rahmen der derzeitigen Ausstellung „Menschenschlachthaus — der Erste Weltkrieg in der deutschen und französischen Kunst“ sprach Krumeich bei der Veranstaltung unserer Zeitung über die Kriegsschuldfrage. Peter Lausmann, Politikredakteur unserer Zeitung, begrüßte die rund 150 Besucher und leitete die anschließende Diskussionsrunde.

Krumeich lobte den australischen Historiker Christopher Clark. Die Schlafwandler-Metapher, die Clark in seinen Büchern der Politik und dem Militär der damaligen Zeit nachsagt, stehe im direkten Zusammenhang mit dem verbreiteten darwinistischen Credo von damals: Der Stärkere setzt sich durch. „Es ist der völlige Mangel an Empathie aller imperialistischen Mächte, der zu der ungeheuren Spannung in Europa geführt hat“, bekräftigte Krumeich Clarks These.

„Deutschland ging von der Schwäche Frankreichs aus und erhoffte sich die Neutralität von England, die aber ausblieb“, erklärte Krumreich. „Die Einkreisung in der Mitte Europas war perfekt.“ Mit dem Attentat im serbischen Sarajevo auf das österreichische Thronfolgerpaar überschlugen sich die Ereignisse in der Julikrise 1914.

Fakt sei jedoch, dass Deutschland den Knopf gedrückt habe, der zum Kriegsausbruch führte. „Die Deutschen dachten, lieber jetzt als später. Wo alle anderen noch gewartet haben, stellten sie ein Ultimatum gegen die russische Mobilmachung“, sagte Krumeich. Erneut sei es der Mangel an Empathie, der die Eskalation herbeirief. Die Hauptschuld sieht er dabei in Deutschlands kriegstreibendem Verhalten.

Krumeich, der in Deutschland und Frankreich Geschichte und Humanistik studierte, gilt als Experte für den Ersten Weltkrieg. Sein aktuelles Buch „Juli 1914 — eine Bilanz“ erhielt bereits lobende Rezensionen.

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