Tom Hanks im Interview: „Jeden Tag eine andere Rolle“

Tom Hanks spielt im Tykwer-Film „Der Wolkenatlas“ gleich sechs unterschiedliche Figuren. Herausforderung — und Erinnerung.

Düsseldorf. Er ist nicht nur zweifacher Oscarpreisträger, sondern eine der einflussreichsten Personen im Filmgeschäft. Jetzt spielt Tom Hanks in der deutschen Produktion „Der Wolkenatlas“ von Tom Tykwer und Andy und Lana Wachowski ein ganzes Ensemble — sechs Figuren.

Herr Hanks, wie war es für Sie, mit gleich drei Regisseuren zu arbeiten? Auf wen haben Sie denn letztlich gehört?

Tom Hanks: Die drei hatten bereits über zwei Jahre alle Details abgesprochen und eine gemeinsame Vision entwickelt. Es gab zwei Sets, das von Tykwer und das von den Wachowskis, mit denen ich meist gedreht habe. Das lief recht ähnlich ab wie mit den Coen-Brüdern: Sie beenden nicht nur den Satz des anderen, sie sagen dir auch exakt das Gleiche. Erstaunlicherweise gab’s also damit null Probleme.

Haben die vielen Rollen Ihnen Spaß gemacht?

Hanks: Es war ein Genuss — schon die Verwandlung! Jede der sechs Figuren musste bis zu vier Make-up-Tests durchlaufen. Das Schminken und die anschließende Kostümprobe haben mal acht Stunden gedauert. Man war also hautnah dabei, wenn die Figur Schicht für Schicht entstand, und konnte sich langsam in sie hin-einfinden. Jeden Tag in eine andere Rolle zu schlüpfen — das hat mich an meine frühen Tage am Theater erinnert. Dieser Film war eine ganze Theatersaison!

Dieses deutsche Projekt wurde unabhängig von Hollywoodstudios finanziert. Ihre Zusage hat die Finanzierung erst ermöglicht. Wie hat sich das ausgewirkt?

Hanks: Ich hatte schnell zugesagt und gefragt, wann es los gehen könnte. Darauf bekam ich zu hören: ,Nun, wir warten noch auf eine Zusage über 20 Millionen aus China.’ Ich habe dann gelegentlich wieder nachgefragt oder die Regisseure haben mir den Zwischenstand durchgegeben und versichert, dass es bald soweit sein wird. Es hieß also Warten und Teetrinken, bis dieses etwas undurchschaubare Finanzierungsmodell vollständig war.

War es schwierig, zwischen diesen extremen Figuren hin und her zu wechseln?

Hanks: Ich fand es großartig! Das erfordert höchste Konzentration, aber es macht viel Spaß. Jeder Tag war anders.

Klingt anstrengend — und Sie sind auch nicht mehr 25 . . .

Hanks: Ich bin 56. Physisch war der Dreh auch recht hart. Halle Berry und ich waren zwischendrin so stark erkältet, dass wir uns nur mit heißen Getränken aufrecht hielten. Ich hatte am nächsten Tag frei, aber Halle musste eine Unterwasser-Szene drehen.

Haben die vielen Figuren und ihre Geschichten Sie nicht verwirrt?

Hanks: In den Köpfen von Tom, Andy und Lana waren alle Handlungsstränge sehr strukturiert verwoben. Sie haben uns wohl nicht immer in das große Ganze eingeweiht, damit wir uns ganz auf den jeweiligen Moment konzentrierten. Man kann nicht an die Figur von Dr. Goose mit dem Wissen herangehen, dass er durch die Freilassung seines Sklaven etwas ins Rollen bringt, was noch Hunderte Jahre später Einfluss auf die Geschichte hat.

Der Film ist von dem Zitat „Alles ist miteinander verbunden“ geprägt. Können Sie das erläutern?

Hanks: Es gibt in dem Film mehrere Dialoge, bei denen ich denke: ,Das muss ich mir merken!’, weil sie den Sinn dieses Abenteuers benennen. An einer Stelle sagt Son Mee in etwa: ,Mit jedem Akt der Grausamkeit oder Güte stellen wir die Weiche für unsere Zukunft. Diese Taten wirken Tausende von Jahren nach.’ Solche Äußerungen finden sich selten in gängigen Filmen.

Glauben Sie, dass der Film Diskussionen anstoßen wird?

Hanks: Es wäre toll. Wenn man als Künstler an einem Werk teilhat, das die Menschen anregt, sich kontrovers mit einem Thema auseinanderzusetzen, sehe ich darin einen sinnvollen Beitrag. „Inception“ war für mich so ein Film.

Wie gefiel Ihnen der Dreh in Deutschland?

Hanks: Wir waren in Berlin und Dresden — gerade Dresden ist fantastisch. In jeder freien Minute zog ich durch die Stadt und habe die vielen Spuren der deutschen Geschichte studiert. Ich war auch im DDR-Museum. Von solchen Orten kriege ich gar nicht genug! Und Berlin ist derzeit eh einer der spannendsten Orte der Welt.

Können Sie einfach so durch die Straßen gehen, ohne dass Sie von Leuten angesprochen werden?

Hanks: Ja. Ab und zu werde ich angesprochen, aber das macht ja nichts.

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