Andreas Dresen wird Verfassungsrichter

Potsdam (dpa) - Vom Filmdreh in den Gerichtssaal: Regisseur Andreas Dresen („Sommer vorm Balkon“, „Halt auf freier Strecke“) will sich an diesem Mittwoch (14.11.) zum Laien-Richter am Brandenburger Landesverfassungsgericht wählen lassen - alle politischen Fraktionen unterstützen ihn.

Damit wechselt der 49-jährige Filmemacher künftig zeitweise das Metier. Neugier treibt ihn und seine Angewohnheit, den Problemen der Menschen in Deutschland auf den Grund zu gehen. Kaum ein Filmregisseur ist so nah dran am Alltag und der oft tristen Lebensrealität wie Dresen.

Bei seinem Einsatz an der Basis der Demokratie wird ihm diese besondere Eigenschaft helfen. Dresen schaut immer ganz genau hin, egal wie schmerzhaft und unangenehm die Wahrheit ist. Schon einmal gab es im Land Brandenburg einen Laien-Verfassungsrichter. Zehn Jahre lang entschied der Schriftsteller, Komponist und Maler Florian Havemann, Sohn des DDR-Regiekritikers Robert Havemann, als Nicht-Jurist über die dem Gericht vorgelegten Klagen.

Mit gesundem Menschenverstand wolle er an seinen neuen „Job“ herangehen, sagt Dresen, der für das Amt von der Linke-Fraktion im Potsdamer Landtag vorgeschlagen wurde. „Das sind dann aus der Nähe betrachtet häufig total handfeste Probleme, die mit dem Lebensalltag sehr vieler Menschen zu tun haben“, so der Regisseur im RBB-Interview. Als einer der ersten Fälle wird auf seinem Schreibtisch zum Beispiel der Streit um die Finanzierung der Freien Schulen in Brandenburg landen.

Der gebürtige Thüringer Dresen kennt die Sorgen und Nöte vor allem der Ostdeutschen gut. Seine preisgekrönte, in Frankfurt (Oder) spielende Tragikomödie „Halbe Treppe“ (2002) ist nicht nur eine schräge Beziehungsgeschichte, sondern auch ein Porträt der Stadt an der Grenze zu Polen - mit all ihren Schwierigkeiten. In „Sommer vorm Balkon“ (2004) ging es um die Alltags- und Liebesnöte zweier Freundinnen vom Prenzlauer Berg.

Für gleich zwei Dokumentarfilme begleitete Dresen den märkischen CDU-Abgeordneten Henryk Wichmann mit der Kamera. „Herr Wichmann aus der dritten Reihe“ feierte im Februar bei der Berlinale Premiere. Mit dem Deutschen Filmpreis wurde Dresens Krebsdrama „Halt auf freier Strecke“ (2011) ausgezeichnet. Lange hatte der Regisseur für diesen Film recherchiert, in dem reale Ärzte und Pflegehelfer auftreten. Erzählt wird vom Berliner Familienvater Frank, bei dem ein Hirntumor festgestellt hat. Schonungslos und ehrlich erzählt und beobachtet Dresen, wie Franks Familie den Kranken im Sterben begleitet.

„Ich möchte natürlich weiter Filmregisseur bleiben“, sagt Dresen. Als nächstes plant er unter anderem einen Kinderfilm. Sein monatliches Engagement für das Gericht aber werde ihn bereichern. „Weil man noch einmal so ganz andere Perspektiven bekommt durch die Arbeit des Gerichts und durch die Kollegen dort. Vielleicht gibt es ja dann auch einen interessanten Filmstoff, den man dort findet.“ Und einen unschätzbaren Vorteil gebe es sowieso für ihn: „Das Landesverfassungsgericht ist acht Minuten von mir zu Hause zu Fuß.“

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