Berlin-Satire „Zettl“ feiert Premiere in München

München (dpa) - Es dürfte kein einfacher Abend gewesen sein für Helmut Dietl und seine „Zettl“-Crew: Die Kritiken für die Berliner Gesellschaftssatire waren bereits im Vorfeld alles andere als berauschend und auch das Publikum machte es dem Team am Dienstagabend in München bei der Weltpremiere nicht unbedingt leicht.

Zwar gab es hier und da vereinzelte Lacher, doch der höchstens freundliche Schlussapplaus überdauerte nicht einmal den Abspann. Fast bedrückende Stille herrschte im Publikum, bevor die Künstler auf die Bühne traten.

Grund genug für Dietls Co-Autor Benjamin von Stuckrad-Barre, das Münchner Publikum zu bepöbeln - was ihm nicht unbedingt Sympathiepunkte einbrachte. In Berlin sollte der Film erst am Mittwochabend Premiere feiern. Seltsam auch das Wegbleiben von Senta Berger, die eigentlich mit ihrem Mann Michael Verhoeven und ihrem Sohn Simon auf der Gästeliste stand. Sie drehe den ganzen Tag und auch noch nachts und habe am Vortag zur Premiere gratuliert, sagte Dietl und fügte rätselhaft hinzu: „Das zeigt ungefähr, wie es um Senta Berger steht.“

Natürlich gab es - gerade von prominenten Kollegen - viel Lob für Dietl und sein neues Werk, das die Geschichte des Promi-Chauffeurs Max Zettl (Michael „Bully“ Herbig) erzählt, der mit Skandalen aus der Politik zum gefeierten Chefredakteur in der Hauptstadt aufsteigt. „Charmant, sympathisch, aber wahnsinnig unmoralisch“, so beschrieb Herbig seine Rolle.

Die Vorschuss-Lorbeeren für den großen Satiriker Dietl vor der Premiere fielen aber großzügiger aus als die Lobpreisungen für „Zettl“ danach. Regie-Kollege Dieter Wedel („Der große Bellheim“) zum Beispiel räumte ein: „Da gibt es auch Szenen, die mir nicht gefallen haben.“

Besonderes Lob fand Wedel aber für Schauspieler Götz George, der sich nicht zu schade gewesen sei, in dem Film die kleine Rolle des Bundeskanzlers zu übernehmen. „Es ist bedauerlich, dass Franz Xaver Kroetz diese Größe nicht hatte“, sagte Wedel. Kroetz, der in Dietls Kultserie „Kir Royal“ den Klatschreporter „Baby Schimmerlos“ spielte, wollte beim neuen Dietl-Projekt nicht mitmachen.

Der große Vorgänger „Kir Royal“ war am Dienstagabend trotzdem in aller Munde - obwohl Dietl nicht müde wurde, zu betonen, dass es sich bei „Zettl“ nicht um eine Fortsetzung handle: In „Kir Royal“ lebt Klatschreporter Baby Schimmerlos (Franz Xaver Kroetz), im neuen Kinofilm „Zettl“ ist er tot. „Das beweist schon, dass das nichts miteinander zu tun hat“, sagte Dietl.

Zu „Kir Royal“-Zeiten sei München noch „die sogenannte heimliche Hauptstadt“ gewesen“, sagte Dieter Hildebrandt, der schon vor rund einem Vierteljahrhundert in dem Klassiker den Promi-Fotografen Herbie spielte und beim Auftritt der Künstler nach der „Zettl“-Premiere den meisten Applaus erntete. „Das ganze Gesindel hatte sich in München niedergelassen. Die Blöden, die waren alle da.“ Heute seien die meisten wahrscheinlich in Berlin. Das aber, so sagt Hildebrandt, sei für die Schickeria nur bedingt geeignet.

Und so fand dann die Premierenparty im P1 statt, dem Herzen der Münchner Möchtegern-Schickeria mit 80er-Jahre-Charme. Es gab Berliner Currywurst und Wiener Schnitzelchen mit bayerischem Kartoffelsalat. Der Willkommenstrunk nannte sich „Royal 28“. Name und rote Farbe erinnerten zwar an den „Kir Royal“, der Champagner aber war nur noch Prosecco und „Royal 28“ hatte einen etwas faden Beigeschmack. „Pfiat Eich“, verabschiedete sich Dietl im Kino auf Bayrisch - und: „Ich schau jetzt positiv voran.“

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