Catherine Deneuve: „Ich bin keine Göttin, die alles weiß“

Interview Catherine Deneuve über ihren neuen Film "Das Schmuckstück", die Ehe und Kollege Gérard Depardieu.

So leicht lässt sich Catherine Deneuve nicht umhauen. Jedenfalls nicht von Husten, Heiserkeit und Halsschmerz. Bewaffnet mit Antibiotika und jeder Menge Contenance gibt die französische Diva ein paar handverlesene Interviews zu „Das Schmuckstück“, einer schrillen Gleichberechtigungs-Komödie. Selbst mit Grippe ist die Deneuve durchaus sehenswert: das Gesicht ist noch immer wunderbar ebenmäßig, das blonde Haar sitzt so gut, dass sie Werbung für Haarspray machen könnte. Ihr Outfit besteht aus einem braunen Strickkleid, flachen Stiefeln, dazu vielen Ketten und Ringe in Gold. Mit Papiertaschentüchern und Tabletten bewaffnet betritt die 67-Jährige den Salon im Münchner Vier Jahreszeiten und bittet erst einmal um einen Tee.

Madame, waren Sie in Ihrem Leben mal ein Schmuckstück, eine Zierde, um jemand anderen zu schmücken?

Catherine Deneuve: Ich denke, so etwas erlebt jeder mal. Ein Schmuckstück zu sein, klingt abwertend, aber es ist nicht per se negativ. Man wird nicht unbedingt ausgenutzt - man ist einfach nur anwesend und muss gut und interessant aussehen, fertig!

Wie steht es mit der Emanzipation im Hause Deneuve? Haben Sie bei der Erziehung Ihrer Tochter viel darüber diskutiert?

Deneuve: Chiara hat das meiste dadurch mitgekriegt, wie ich lebte. Ich bin sehr liberal. Sie weiß um ihr Glück, dass heute Abtreibung und Verhütung problemlos möglich sind. Das sind die größten Unterschiede, verglichen zu damals.

Die Ehe wird in diesem Film als pragmatische Zweckgemeinschaft karikiert. Was halten Sie selbst von der Institution?

Deneuve: Nun, für einige Leute funktioniert sie ja sehr gut! Ich halte sie nur nicht mehr für eine Institution, weil man sich scheiden lassen kann. Wie kann man in der Kirche den Teil mit „ Bis dass der Tod uns scheidet“ noch ernst nehmen?

Was könnte eine lange, funktionierende Ehe ausmachen?

Deneuve (lacht): Das könnten Sie fragen, wenn ich 25 Jahre mit demselben Mann verheiratet wäre, aber so? Ich bin keine Göttin, die alles weiß! Wahrscheinlich hat es mit der Chemie zu tun. Es gibt wohl einfach Menschen, die richtig füreinander sind.

Erwartet man heutzutage zu viel von der Liebe?

Deneuve: Ich beobachte, dass Frauen in der Liebe eine viel größere Erfüllung als Männer suchen. Dabei gibt es auch viele Männer, die es heute sehr bedauern, nicht genügend Zeit mit der Familie verbracht zu haben. Die Kinder werden schnell groß, der Partner stirbt — und plötzlich merken sie, dass ihr Privatleben kaum Raum hatte. Vielleicht hat man ihnen auch nie die Wahl gelassen...

Sie haben Ihre Erfüllung auch zum großen Teil im Beruf gefunden. Wie hätte Ihr Leben wohl ohne den Film ausgesehen?

Deneuve: Ich war so jung, als ich zum Film kam, etwas über sechzehn, dass ich damals noch keine anderen Pläne hatte. Ich verdanke meinem Beruf vor allem, dass ich so viele Menschen darüber kennen gelernt habe. Weil ich schon als Teenager damit anfing, haben diese Auseinandersetzung mit Figuren, Rollen und immer neuen Menschen mich erst zu der werden lassen, die ich heute bin.

Sie sind zweifelsohne eine Ikone. Kann es Ihnen auf diesem Sockel manchmal auch langweilig werden? Oder gar frustrierend?

Deneuve: Ich fand es früher oft sehr schwer, dauernd diesem Bild von mir zu entsprechen! Die Leute denken, dass ich jeden Tag schick gekleidet bin und wie der sprichwörtliche Filmstar herumlaufen muss. Selbst, wenn ich diesen Erwartungen nicht entsprechen wollte, fühlte ich genau ihren Druck auf mir lasten.

In Filmen wie „Dancer in the Dark“ oder „La Fille du RER“ bekam man den Eindruck, dass Sie es leid sind, als Diva zu gelten....

Deneuve: Ich bin gar nicht der Typ für eine Diva! (lacht) Diese Filme waren einfach mal etwas anderes. Es ist schön, sich zur Abwechslung bei Lars von Trier nicht groß herausputzen zu müssen. Kein Make-Up, kein Kostüm, keine Frisur — das war fast wie Urlaub.

Wie sieht bei Ihnen ein Tag ganz ohne Druck und Verpflichtung aus?

Deneuve: Auch wenn ich nicht drehe, habe ich viel zu tun: treffe Leute, lese oder reise, um die Filme vorzustellen — das verschlingt viel Zeit! Ich sehe meine Enkel aber auch oft. Ich bin sehr gern mit den Kindern zusammen, die ich liebe.

Macht Ihnen die Gewissheit zu altern Angst?

Deneuve: Ich kann nicht sagen, dass es mir gefällt! In meiner Familie wird man zum Glück sehr alt und ist dabei gesund. Angst ist der falsche Ausdruck: Ich bin eher Fatalist und weiß, was mich erwartet.

Würden Sie sagen, dass Ihr Kollege Gérard Depardieu in Würde gealtert ist?

Deneuve: „In Würde“ trifft es nicht. Gérard ist dauernd mit etwas beschäftigt, um die Tragödien in seinem Privatleben zu vergessen...

...sein Sohn Guillaume verstarb 2008...

Deneuve: Ich sehe Gérard nicht oft, aber ich kenne ihn ziemlich gut. Ich würde nicht leben wollen wie er. Er ist ein wunderbarer Schauspieler und Partner, aber auch ein Mann auf der Flucht.

Sie sind passionierte Gärtnerin. Schöpfen Sie daraus Kraft in schweren Zeiten?

Deneuve: Durch solche Zeiten muss ich einfach durch! Das Gärtnern ist eine Tätigkeit, die ich liebe, aber keine Erholung - im Gegenteil! Man kann den Kampf gegen die Natur ja nie gewinnen! Man kann nur versuchen, sie ein wenig zu zähmen. Wine sehr gute Methode, um sich in Bescheidenheit und Demut zu üben.

„C’est Beau la Vie“, singen Sie am Ende des Films. Finden Sie selbst das Leben auch schön?

Deneuve: Es ist definitiv nicht jeden Tag schön. Aber ich mag den Chanson, weil er mich daran erinnert, dass es doch oft genug zutrifft.

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