Fast ein Heimspiel für Rosa von Praunheim

Hof (dpa) - Alles Rosa in Hof: Auf Plakaten ist eine Wolke aus rosa Tüll zu sehen. Denn der unumstrittene Star der diesjährigen Hofer Filmtage ist der Filmemacher und Schwulen-Aktivist Rosa von Praunheim.

Er hat fast ein Heimspiel in Hof: Er wird von Festivalchef Heinz Badewitz herzlich umarmt, freundlicher Applaus im Kinosaal empfängt ihn. Ende November wird Praunheim 70 Jahre alt. Er hat deshalb nicht weniger als 70 Filme gedreht - Gesamtlänge 20 Stunden. Und bei den Hofer Filmtagen sind sie erstmals allesamt zu sehen.

„Das ist verrückt“, sagt Badewitz, und Bewunderung für Praunheim schwingt mit in seiner Stimme. Es sei eine Selbstverständlichkeit gewesen, für das Praunheimsche Projekt im Festivalprogramm Zeit freizuräumen. Praunheim bedankt sich, er ist sichtlich erfreut: „Das macht mich stolz.“ Und weiter: „Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Idee verwirklichen lässt.“ Der rbb wird in der Nacht vom 24. auf den 25. November die Filme ins Fernsehen bringen.

Am Mittwoch steht die Vorführung der Beiträge mit der Sequenz „Starke Frauen“ auf dem Programm. Zu sehen ist dabei zum Beispiel Schauspielerin Eva Mattes („Tatort“). Von Praunheim redet mit ihr, lässt sich Fotos zeigen, trägt Texte mit ihr vor. Sehr nett anzuschauen ist das. Das Publikum schmunzelt über den Schwulen-Aktivisten und seine Lieblingsschauspielerin.

Für das zweite Porträt hat von Praunheim Babeth von Loo in Amsterdam besucht. Sie war, so ist im Programmheft zu lesen, „die Geliebte großer Männer“. Sie erzählt in verblüffender Sachlichkeit von ihren Affären mit Arnold Schwarzenegger und Bob Dylan. Inzwischen betreibt sie einen buddhistischen Sender in den Niederlanden.

Weniger leichtfüßig wird es, wenn von Praunheim die Polin Dorota begleitet. Sie ist Putzfrau, kommt aus einem kleinen Dorf und fährt jede Woche für einige Tage nach Berlin, um dort zu arbeiten. Sonst könnte sie die Familie nicht durchbringen. Als sie gefragt wird, ob sie glücklich ist, bricht sie in Tränen aus. Die weiteren Filmsequenzen, die noch zu sehen sind, tragen die Titel „Erotik“, „Transgender“, „Starke Schwule“ und „Sensible Heteros“. Hier wird unter anderem der umstrittene Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin vorgestellt. Zudem zeigt Praunheim eine Reihe von Spielfilmen.

Praunheims Schaffen geht weiter über die Filmwelt hinaus. Er wollte die Gesellschaft verändern, war Pionier der Schwulenbewegung in Deutschland. Der Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“, löste 1971 großen Wirbel aus. Nach Praunheims Film wurden in der Bundesrepublik über 50 Schwulengruppen gebildet.

Dabei waren seine Aktionen nicht immer unumstritten. In einer Sendung des Privatfernsehens outete er Hape Kerkeling und Alfred Biolek 1991 öffentlich als homosexuell. Später räumte er ein, das sei ein „Verzweiflungsschrei auf dem Höhepunkt der Aids-Krise“ gewesen.

In Hof ist das längst Vergangenheit. Für Rosa von Praunheim, der mit seinem Freund Oliver angereist ist, gibt es Blumen und ein Publikum, das sehr oft „super“ sagt, wenn es dem Ausgang zuströmt. Und der nun bald 70-Jährige wirkt nicht, als wäre ihm bange vor dem runden Geburtstag: „Hurra, ich werde 70!“

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