Goldener Leopard geht auf die Philippinen

Locarno (dpa) — Der philippinische Regisseur Lav Diaz ist für sein Epos „Von dem, was war“ mit dem Goldenen Leoparden des 67. Internationalen Filmfestivals in Locarno ausgezeichnet worden.

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Diaz ließ sich am Samstagabend bei der Preisverleihung auf der Piazza Grande der Stadt am schweizer Ufer des Lago Maggiore vom Publikum feiern. Der fünfeinhalb Stunden dauernde Spielfilm beeindruckt mit suggestiven Bildern. Sie erzählen packend von den Schrecken der Diktatur in Diaz‘ Heimat vor etwa vier Jahrzehnten. Doch der Blick zurück gilt der Gegenwart. Künstlerisch kraftvoll reflektiert der Film allgemeingültig die Gefährlichkeit übersteigerter Ansprüche politischer Machthaber.

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„Von dem, was war“ („Mula Sa Kung Ano Ang Noon“/„From What Is Before“) gehörte zu den Favoriten von Publikum und Kritikern. Auch mit anderen Entscheidungen haben die Juroren, zu denen der deutsche Regisseur Thomas Arslan („Gold“) gehörte, den Erwartungen der Festivalbesucher entsprochen. Viel Beifall gab es am Samstagabend deshalb für die Auszeichnungen der besten Schauspieler: Die Französin Ariane Labed bekam die Ehrung für ihre Interpretation einer Schiffsmechanikerin in dem Gesellschaftspanorama „Fidelio, die Odyssee von Alice“ und Artem Bystrow (Russland) für seine Darstellung des Titelhelden in dem Polit-Thriller „Der Narr“.

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Freuen konnten sich auch deutsche Produzenten. Zwei wichtige Auszeichnungen gingen an internationale Gemeinschaftsproduktionen, die wesentlich mit deutschem Geld realisiert worden sind. So bekam die polnische Regisseurin Zuzanna Solakiewicz für „15 Corners of the World“, einen filmischen Essay über die Klangwelt des Komponisten Eugeniusz Rudnik, die Auszeichnung für den Besten Film der renommierten Sektion „Woche der Kritik“.

Der kolumbianische Regisseur Oscar Ruiz Navia erhielt für seinen mit starkem finanziellen Engagement deutscher Produzenten realisierten Spielfilm „Die Pilze“ über das Leben von kolumbianischen Graffiti-Künstlern den „Spezialpreis der Jury ‹Ciné+ Cineasti› im Concorso Cineasti del presente“. Diese Auszeichnung bekommen junge Filmemacher, die noch am Anfang ihrer Laufbahn stehen, aber bereits mit großer künstlerischer Kreativität begeistern.

Im Hauptwettbewerb gingen Filme, die von deutschen Produzenten unterstützt worden waren, leer aus. Die Konkurrenz war allerdings auffallend stark. Bei Publikum und Fachbesuchern hinterließ das deutsche Kino bei dem nach Cannes, Berlin und Venedig viertwichtigsten europäischen Filmfestival dennoch Eindruck. So gehörte der wesentlich von deutschen Geldgebern produzierte Spielfilm „Explosion“ des griechischen Regisseurs Syllas Tzoumerkas zu den Favoriten von Publikum und Kritik.

„Pferdegeld“ wurde von niemandem zu den Favoriten gezählt. Dennoch bekam Pedro Costa (Portugal) für den sperrigen Spielfilm die Ehrung als Bester Regisseur. Der Film zeigt die Auswirkungen schwerer gesellschaftlicher Umbrüche auf die Psyche einfacher Menschen. Vielleicht war es gerade die theatralisch anmutenden Szenenfolge, die den Juroren gefiel. Erstaunen rief daneben der Spezialpreis der Jury an „Halt die Klappe, Philip“ von Alex Ross Perry (USA) hervor, die schwatzhafte Charakterstudie eines egozentrischen jungen Schriftstellers.

Das 67. Internationale Filmfestival Locarno hatte in zehn Tagen knapp dreihundert Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme in verschiedenen Sektionen gezeigt. Der Publikumszuspruch war trotz viel Regens selbst bei den Freiluftaufführungen auf der Piazza Grande enorm. Dort fand die Abschlussgala am Samstagabend aber bei schönstem Wetter unter viel Jubel der Zuschauer statt. Zum Abschluss zeigte das Festival „Geronimo“, den neuen Spielfilm des französischen Star-Regisseurs Tony Gatlif. Mit kluger Balance von Sozialkritik und großen Emotionen rundete das mitreißende Drama das Festival geradezu perfekt ab.

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