Comicverfilmung: "300" - Spartanische Kampf-Orgie

Regisseur Zack Snyder verfilmt Frank Millers Kult-Comic „300“ als reaktionäre Parabel auf den Zusammenstoß der Kulturen.

Düsseldorf. Drei, drei, drei, bei Issos Keilerei! Das kennt man. Auch ohne humanistische Schulbildung. Vier, acht, null, die Griechen brauchen Mull, so hätte der Merksatz für die Schlacht an den Thermopylen lauten können. Allerdings hätte ein schicker Verband den 300 Spartanern, die sich 480 v. Chr. hoch über dem ägäischen Meer der gigantischen Vormacht des persischen Heeres unter Xerxes erwehren wollten, nicht mehr viel gebracht. Es sei denn, sie hätten darin ihre abgeschlagenen Köpfe einsammeln wollen. König Leonidas, Anführer des antiken Himmelfahrtskommandos, aber auch der schmale Passweg der Thermopylen, den sich die Spartaner als strategisch günstigen Stützpunkt ausgewählt hatten, wurden zum Synonym für bedingungslosen Gehorsam auf dem Schlachtfeld. Dass sie in Deutschland nicht mehr geläufig sind, mag daran liegen, dass das Nazi-Regime ihre Niederlage in Stalingrad mit eben jenem Verweis versuchte zu schönen. In Zeiten interkultureller Konfliktherde allerdings macht sich die Blut-und-Ehre-Romantik scheint’s wieder ganz fesch. 1998 veröffentlichte Comic-Koryphäe Frank Miller ("Sin City") die Graphic Novel "300", seinen ureigensten Entwurf des entbehrungsreichen Feldzuges mit einer zwischen Kubismus und Minimalismus schwankenden Bildsprache, deren Intensität mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde. An dem streng reaktionären Grundton und der sträflich banalen Gewaltästhetisierung schien sich niemand zu stören. Auch jetzt nicht, wenn die Splatter-Orgie als Mythologiestunde getarnt ihren Weg in die Kinos findet.

Neben viel Geschrei bleibt kein Platz für Lehren aus der Geschichte

Leonidas (Gerard Butler) zieht gegen Xerxes (Rodrigo Santoro) in die Schlacht, außer ein wenig verblubbertem Pathos und blutrünstigem Kampfgeschrei bleibt zwischen den körnig eingefangenen Schlachtszenen kein Platz für Lehren aus der Geschichte. Im Gegenteil. Aufdringlich stilisiert Jung-Regisseur Zack Snyder die Legende zur platten Parabel auf den Clash der Kulturen. Formal geht er dabei virtuos vor, lässt Zeitraffer, Zeitlupe und 360-Grad-Spiegelungen martialischer 3D-Standbilder zu einem optisch dichten Videoclip verschmelzen.

Doch der Hang zum billigen Effekt verrät seine Motive. Auf dem Höhepunkt des Kampfgeschehens, wenn der Todesmut der Spartaner nach sensationellem Vormarsch erste Opfer fordert, brettern die Gitarrenriff-Salven aus den Boxen. Ganz klar, hier hat sich ein echter Nerd an der Geschichte vergangen, ein ehemals schlaksiger Teenager, dessen Lebensentwurf von Horrorfilmen, Superhelden-Mythen und schlechtem 80er-Jahre-Metal geprägt wurde.

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