Jerry Cotton: Die rheinische FBI-Legende

Christian Tramitz spielt 40 Jahre nach George Nader den deutschen Heftroman-Agenten Jerry Cotton.

Köln. Geboren wurde Jerry Cotton nicht etwa in den USA. Nein, der Inbegriff des FBI-Agenten stammt aus dem Rheinland. Zumindest wurde er dort erfunden. Wo genau sein geistiger Vater mit der Idee niederkam, eine Persiflage auf das ihm angeblich so verhasste Krimi-Genre zu entwerfen, ist nicht überliefert. Sicher scheint nur, dass es ein Jux war, den sich der Kölner Delfried Kaufmann machte, als er Jeremias Baumwolle ersann. Der bewusst lächerliche Name war das exakte Gegenteil von Härte und Coolness, also dem, was ein Agent verkörpern sollte. Letztlich wurde er ins eleganter klingende "Cotton" abgeändert.

Hundertprozentig bestätigt ist diese Geschichte nicht. Vage zu bleiben ist seit 1954, als das erste Heft erschien, strenge Informationspolitik beim herausgebenden Bastei-Verlag in Köln. Wie der Held der Reihe soll sein Erfinder eine Legende sein.

Es hat sich in jedem Fall bezahlt gemacht: Mehr als 2500Abenteuer hat Cotton bereits erlebt, die Gesamtauflage liegt mittlerweile bei 850 Millionen Exemplaren. In den 60ern war der Ermittler ohne Privatleben sogar ein Kinoheld in Deutschland. Dessen Darsteller, der US-Amerikaner George Nader, prägt bis heute das Bild, das man vor Augen hat, wenn man an Cotton denkt. Aus den Groschenromanen selbst lässt sich über die äußere Erscheinung Cottons nicht viel ableiten.

Christian Tramitz, der kantige Comedian aus dem Dunstkreis von Michael "Bully" Herbig, übernimmt nun, 40 Jahre nach Naders letztem Leinwandeinsatz, die Rolle des einsilbigen Agenten. Anders als bei der achtteiligen Schwarzweiß-Reihe setzen die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert ("Neues vom Wixxer") auf Slapstick statt auf einsilbige Film-Noir-Ästhetik. Vom Grundton kommt der neue "Jerry Cotton" damit dem eigentlichen Ansinnen seines Erfinders, eine Satire auf Kriminalgeschichten zu sein, recht nahe. Allerdings ist das Regie-Gespann zu sehr auf knallige Effekte und detailverliebte Anspielungen fixiert und verliert dabei die eigentliche Handlung aus den Augen.

Darin wird Cotton Opfer eines Komplotts. Ein Maulwurf innerhalb des FBI will ihm einen Mord anhängen. Cotton ermittelt auf eigene Faust. Assistiert wird er von seinem neuen Partner Phil Decker (Christian Ulmen), einem Paradetrottel, der nur in den Dienst aufgenommen wurde, weil Papi ein einflussreicher Politiker ist.

Das Vorbild ist eindeutig: Eine deutsche "Nackte Kanone" schwebte den Machern vor. Kosten scheuten sie nicht. Ausstattung und Atmosphäre stimmen. Und auch das Team Tramitz/Ulmen harmoniert prächtig.

In Sachen Timing bleibt die Inszenierung allerdings nachlässig, setzt eher auf alberne Maskierungen als auf punktgenaues Schauspiel. Darunter leidet besonders das hochkarätige Nebenrollen-Ensemble (Herbert Knaup, Moritz Beibtreu, Christiane Paul, Heino Ferch). In Heftform Kult, als Film eher ein sympathischer Treppenwitz.

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