Milliardär per Mausklick

Drama „The Social Network“ spekuliert über die Entstehung von Facebook – und entwirft gleichzeitig ein spannendes Zeitgeist-Porträt.

Das Gesicht des Uni-Direktors spricht Bände: "Millionen?", stößt er arrogant lächelnd aus. Haben die beiden gepuderten Papa-Söhnchen, die ihm gegenüber sitzen, gerade wirklich behauptet, mit der Idee für ein soziales Netzwerk, die ihnen angeblich gestohlen wurde, seien Millionen zu machen? Lächerlich!

Es ist 2004, Facebook ist seit ein paar Monaten online, und das tatsächliche finanzielle Potenzial, das hinter der digitalen Plattform steckt, kann noch nicht mal der Harvard-Präsident und ehemalige US-Finanzminister Lawrence Summers ermessen. Natürlich waren es keine Millionen, die mit dem simplen Kontaktportal zustande kamen - es waren mehrere Milliarden, die das heutige Großunternehmen abgeworfen hat. Im Fokus des modernen Märchens: Mark Zuckerberg, Computer-Nerd und Jungunternehmer, mittlerweile 26 und jüngster lebender Milliardär.

Die Idee zu Facebook habe er geklaut, lautet der hartnäckige Vorwurf. Von drei Harvard-Kommilitonen wurde der Informatikstudent verklagt, genauso wie von seinem ehemals guten Freund und Mitgründer Eduardo Saverin, den Zuckerberg angeblich ausgebootet haben soll. Mit allen Parteien hat man sich außergerichtlich geeinigt, über die Abkommen besteht Stillschweigen. Die Abfindungen sollen allerdings jeweils im dreistelligen Millionenbereich gelegen haben.

Diese authentischen Eckpfeiler der Entstehungsgeschichte von Facebook nimmt sich David Finchers "The Social Network" als Story-Gerüst. Einerseits, um zu spekulieren, wie sich die Ideenfindung im Detail abgespielt haben könnte. Und andererseits, um ein spannendes, treffendes, vielschichtiges und ungemein amüsantes Porträt der Generation Online zu zeichnen.

Zuckerberg kommt dabei nicht gut weg. Jesse Eisenberg, einer der besten Jungschauspieler Hollywoods, verkörpert den Web-Star zwar als rhetorisch unschlagbare Intelligenzbestie. Seine mechanischen Antworten, seine stoische Besessenheit und seine Unfähigkeit, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten, wirken allerdings wie eine Vorstufe zum Autismus.

Skript-Autor Aaron Sorkin ("Der Krieg des Charlie Wilson") ist mit dem Drehbuch für "The Social Network" seinem Ruf als Hollywoods bester Schreiber vollauf gerecht geworden. Kunstvoll entwirft er eine Geschichte über Freundschaft und ihre Korrumpierbarkeit, David Fincher ("Fight Club") macht daraus mit eindringlicher Kameraführung und geschickt getimtem Schnitt einen regelrechten Beziehungsthriller.

Nicht Facebook ist dabei der Feind. Denn den Drang, sich zu vernetzen, gab es schon immer, wie die Szenen in den Studentenverbindungen mit ihren anachronistischen Ritualen zeigen. Der Bösewicht in diesem Spiel mit Kontakten ist die Illoyalität. Auch sie gab es schon immer. In der Distanziertheit des Internets kann sie nur besser gedeihen.

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