New Kids Turbo: Der Kinoknaller aus Holland

Stärker als Hollywood: Fünf Niederländer stürmen mit Brachialhumor die deutschen Kinos.

Maaskantje. Es gibt eine schöne Mühle in Maaskantje. Und einen malerischen alten Bauernhof. Aber das ist den deutschen Touristen egal, die das einst stille Dorf in der niederländischen Provinz Nordbrabant besuchen. Sie steuern die Kult-Kneipe „’t Pleintje“ an, bestellen fettig Frittiertes und Billig-Bier namens Schultenbräu. Genau wie Richard und Gerrie, Robbie, Rikkert und Barrie — die fünf Helden der derben Komödie „New Kids Turbo“, die in dieser Woche auf Anhieb Platz 1 der deutschen Kinocharts eroberte.

Manchem mag dieser Leinwandkracher um eine trinkende Gang arbeitsloser Dummbatteln wie ein Splitterbombenanschlag auf den guten Geschmack vorkommen. Doch Kinogänger, die mit Jogginghosen und Vokuhila-Perücken Hollands „New Kids“ imitierten, machten bei der Deutschland-Premiere klar: Gegen Kult kommt keiner an. Man kann nur rauslaufen oder mitlachen. Mehr als 203 000 Kinobesucher entschieden sich am Osterwochenende für Letzteres und verhalfen „New Kids Turbo“ zum bislang größten Starterfolg eines holländischen Films in Deutschland.

Von ungefähr kommt der Siegeszug der Comedy-Truppe nicht, die mit dem Namen der einst berühmten US-Boy-Band New Kids on the Block spielt. Die Autoren und Regisseure Steffen Haars und Flip van der Kuil — beide stammen aus Maaskantje — knüpfen geschickt an Debatten um Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe und deren Missbrauch an, die auch im Nachbarland geführt werden. Die beiden 30-Jährigen teilen nach allen Seiten mit Brachialhumor der Marke Tabulos aus.

Da lässt ein Verteidigungsminister mal eben eine Bombe über Maaskantje abwerfen, um die von dort ausgehende Dummdreist-Revolte gegen den wohl geordneten Sozialstaat im Keim zu ersticken. Dabei hatten die unablässig fluchenden Kids, die die Bierflasche immer in Reichweite haben, doch gar keine andere Wahl.

Nur weil sie im Sozialamt mal auf den Putz gehauen haben, streicht man ihnen einfach die Stütze — na, wenn das kein Skandal ist! „Dann bezahlen wir eben nirgendwo mehr und nehmen uns einfach, was wir brauchen“, ordnet Boss Richard an — und löst damit eine landesweite „Unterschichten“-Revolte aus.

Ist der Kinofilm nun ein solcher Erfolg, obwohl oder gerade weil er geschmacklich den schon sehr tief gelegten Opel Manta von Kid Rikkert zu unterbieten versucht? Und der Streifen ist nicht umsonst erst ab 16 Jahren freigegeben, denn die Komikertruppe geht auch bei den knallig-blutigen Gewaltszenen und den Sex-Szenen mit der natürlich strohblonden Supermarkt-Kassiererin Manuela aufs Ganze.

Die Jungregisseure haben sich in ihrem Heimatdorf nicht nur Freunde gemacht. Der Film sei eine „Schande für unser Dorf“, sagt eine ältere Frau im Regionalsender Omroep Brabant. „Die Touristen überschwemmen uns“, ruft ihr Nachbar ärgerlich über den Zaun. Der Wirt im „’t Pleintje“ hingegen freut sich: „Herrlich, Kundschaft aus Deutschland, aus Belgien, von überall.“ Auch der nagelneue „New Kids“-Fanladen macht gute Geschäfte mit dem Prollkult. Kein Wunder, dass eine Fortsetzung folgt: „New Kids Nitro“ wird ab Sommer gedreht, natürlich in Maaskantje.

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