"Love and Other Drugs" - wo die Hormone toben

Komödie: In „Love and Other Drugs” haben Anne Hathaway und Jake Gyllenhaal mit ihren Trieben und einer Krankheit zu kämpfen.

Sex aus Hollywood, das hat auf der Leinwand immer noch diesen leicht muffigen Charme eines großkarierten Bettüberwurfs aus einer Doris-Day-Klamotte. Klar, die heutigen Vertreterinnen des Genres Liebeskomödie, ob sie nun Katherine Heigl oder Jennifer Aniston heißen, tragen nicht mehr Röcke, in denen sich auch Nancy Reagan wohl gefühlt hätte.

Aber Sexualität findet in den erfolgreichen Mainstream-Romanzen immer noch in einer seltsam diffusen Grauzone aus unschuldiger Disney-Betulichkeit und misslungener Zote statt.

Wenn Anne Hathaway sich in „Love and Other Drugs“ auf dem Behandlungstisch einer Arztpraxis obenrum freimacht oder sich mit Jake Gyllenhaal später ohne die sonst üblichen geschickt drapierten Leintücher durchs Bett wälzt, zuckt man entsprechend beschämt zusammen. Nicht etwa der entblößten Brust wegen. Daran ist man als europäischer Kinogänger ja bis zur Abstumpfung gewöhnt.

Nein, es ist der Gesamtzusammenhang, der stutzig macht: Zwei beliebte Stars mit bislang familientauglichem Image ziehen in einer großen Studioproduktion blank. Das ist ungewöhnlich, fast schon mutig — und angenehm zeitgemäß, ohne auch nur eine Spur anrüchig zu sein. Regisseur Ed Zwick gelingt es tatsächlich, Nacktheit für Hollywood-Massenware völlig unaufgeregt zu enttabuisieren.

Auch der zunächst lockerleichten Liebesgeschichte zwischen dem triebhaften Hallodri Jamie (Gyllenhaal) und der unkonventionellen Einzelgängerin Maggie (Hathaway) tut die ungestelzte Freizügigkeit gut. Es ist 1997, er ist Pharmavertreter und lernt sie in der Sprechstunde eines von ihm umworbenen Arztes kennen.

Da Jamie in den Behandlungsräumen einen weißen Kittel trägt, hält Maggie auch ihn für einen Mediziner. Umso ungestümer reagiert sie, als sie spitz kriegt, dass er nur Zaungast war. Die weitere Liaison entwickelt sich nach dem gängigen Muster: Was sich neckt, das liebt sich.

Aber nur rein körperlich, darauf legen beide erstmal Wert. Er, weil er seine sexuelle Freiheit nicht einbüßen will. Sie, weil sie eine gemeinsame Zukunft für unmöglich hält. Maggie hat Parkinson im Frühstadium. Als sie ihre ersten Schübe bekommt, kapselt sie sich ab. Dadurch wird beiden aber nur umso bewusster, wie sehr sie emotional mittlerweile voneinander abhängig sind.

Letztlich kann die Chemie zwischen Hathaway und Gyllenhaal allerdings noch so sehr stimmen — mit der sich einschleichenden Krankheit beginnt auch der Film zu leiden. Als ob Zwick nicht genug damit zu tun hätte, eine Balance zwischen launiger Sexkomödie und rührendem Versehrtendrama herzustellen, entwirft er zusätzlich noch ein Zeitgeistporträt der 90er-Jahre.

Doch die Bindungsängste der Generation X, das schnelle Geld mit wenig Arbeit und schließlich noch die Markteinführung einer kleinen blauen Wunderpille, dank der Jamie zum Verkäuferkönig aufsteigt, ergeben zusammen kein stimmiges Porträt eines Jahrzehnts , da sie als Phänomene zu willkürlich erscheinen. Nicht mal für ein paar Gags sind sie hier gut, obwohl gerade das Thema Viagra eigentlich dankbar wäre.

Mit dieser Unentschlossenheit bestätigt „Love and Other Drugs“ zwei eherne Sex-Regeln. Erstens: Wer zu viel will, kriegt zu wenig. Und zweitens: In der Theorie klappt’s meist besser als in der Praxis.

Wertung: Drei von fünf möglichen Punkten. Solides Unterhaltungskino mit leichten Schwächen.

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