Frank Schätzing über sein neues Buch: „Ich wollte wissen, wie Ariel Sharon tickt“

Der Schriftsteller Frank Schätzing über seinen neuen Thriller, Recherchemonster und das Faszinierende an Ariel Scharon.

 Frank Schätzing über sein neues Buch: „Ich wollte wissen, wie Ariel Sharon tickt“
Foto: dpa

Köln. „Zwischen zwei Buchdeckeln ist nichts unmöglich“, hat Frank Schätzing (56) einmal gesagt. In „Lautlos“ ließ der Autor deshalb Terroristen ein Attentat auf US-Präsident Bill Clinton planen, in „Limit“ schickt er Prominente auf den Mond. In seinem neuen Thriller „Breaking News“ zeichnet der Kölner den Lebens- und Leidensweg Ariel Scharons (1928 — 2014) nach — mit einer Verschwörung obendrauf.

Herr Schätzing, warum haben Sie sich den Konflikt im Nahen Osten als Thema ihres neuen Thrillers ausgesucht?

Frank Schätzing: Die Idee kam durch ein Gespräch über Ariel Scharon zustande. Damals dachte ich: Der alte Ariel war der letzte, dem ich die Lösung des Nahostkonflikts zugetraut hätte. Im selben Moment kam die Verschwörungsidee aus dem Himmel gefallen.

Warum löst ein Gespräch über den israelischen Ex-Ministerpräsidenten die Recherche zu einem 1000-Seiten-Thriller aus?

Schätzing: Ich bin kein erklärter Fan von Scharon. Er fasziniert mich. Eine komplexe Persönlichkeit. In seiner Vergangenheit findet sich viel Schatten, aber eben auch Licht. Ich wollte einfach wissen, wie der Typ tickt.

Scharon kommt bei Ihnen nicht gut weg, eher als knallharter Militär, der schon als Kind Anemonen köpft.

Schätzing: Ich hatte gute Quellen, auch über seine Kindheit. Scharon entstammte einer Generation, in der man was riskierte, alles daransetzte, einen Staat aus dem Boden zu stampfen. Diese Alten versuchten, das meiste richtig zu machen, während nachfolgende Generationen eher bemüht sind, das wenigste verkehrt zu machen. Aus Scharons Vita wird sein Handeln verständlich — wenn auch keineswegs immer tolerierbar.

Sie haben lange in der Westbank recherchiert. Wie ist Ihr Eindruck: Ist der Nahostkonflikt überhaupt zu lösen?

Schätzing: Ja, er wird irgendwann gelöst werden. Aber nicht so, wie wir uns das in Europa vorstellen. Wir sind einfach zu konsensverliebt. Es gibt durchaus ermutigende Ansätze in Israel, auch in der Westbank. Gute Nachbarschaft, kleine Kooperativen, weit mehr, als man das hierzulande wahrnimmt. Araber und Juden, die ungeachtet von Religion und Dauerzwist sagen: „Wir sind trotzdem Freunde, lasst die Hardliner doch machen, was sie wollen.“ Die machen aber auch leider, was sie wollen. Ich denke, das größte Problem wird sein, die fanatische Religiosität zu überwinden. Vielleicht müssen wir akzeptieren, dass das noch ein-, zweihundert Jahre Zeit in Anspruch nimmt.

Zurück zum Buch. Es gibt Autoren, die jedes zweite Jahr einen Roman veröffentlichen. Von Ihnen gibt es Thriller im Fünfjahrestakt — macht zwei Schätzing-Romane pro Jahrzehnt. Warum nicht mehr?

Schätzing: Ich bin ja keine Schreibmaschine. Ich sitze nicht jeden Tag am Computer, Vielschreiber wie Stephen King dagegen ununterbrochen. Wenn ein Buch fertig ist, mache ich am liebsten erstmal was vollkommen anderes: Musik, Hörspiele, Filmprojekte. Außerdem ist es eine Betrachtungsfrage. Leute wie John le Carré bringen alle zweieinhalb Jahre 500 Seiten raus. Bei mir gibt es alle fünf Jahre 1000 Seiten — macht 500 pro zweieinhalb Jahre. Wahrscheinlich ist am Ende meine Detailversessenheit schuld, dass es so lange dauert. Ich kann wohl nicht anders, als mir ständig solche Recherchemonster wie den Nahen Osten auszusuchen.

Immer wieder wird spekuliert, ihr Welterfolg „Der Schwarm“ käme ins Kino. Wann ist es endlich so weit?

Schätzing: Es gibt da durchaus einen neuen Anlauf. Wird schon. Als positiver Mensch bin ich immer guter Dinge.

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