Helena Bonham Carter: Jetzt wird sie Küchendrache

Die Schauspielerin Helena Bonham Carter über ihre Rolle als böse Stiefmutter und ihr schwaches Selbstbewusstsein.

London. Helena Bonham Carter galt als „Englische Rose“ und „Königin des Korsetts“, als sie in den 1980er Jahren mit Filmen wie „Zimmer mit Aussicht“ ihre Karriere begann. Mittlerweile hat die 45-Jährige allerdings ihre Vielfalt bewiesen — mit „Fight Club“, den Harry Potter-Filmen und zuletzt dem oscarüberschütteten „The King’s Speech“. In „Toast“ spielt Helena Bonham Carter die Stiefmutter des englischen Starkochs Nigel Slater.

Frau Bonham Carter, was ist das Köstlichste, was je ein Mann für Sie gekocht hat?

Bonham Carter: Nigel Slater erhörte irgendwann meine geheimen Gebete und fragte mich, ob ich mit ihm zu Mittag essen wollte. Und er machte etwas ganz Einfaches: Büffel-Mozzarella mit einem schönen Pesto-Dressing und erstaunlich leckeren Fleischtomaten. Das war’s, aber es war ein Genuss!

In „Toast“ spielen Sie Nigels Stiefmutter, deren Duelle mit dem Stiefsohn am Herd entschieden werden. Haben Sie sie kennengelernt?

Bonham Carter: Nein, sie ist schon tot. Aber durch Nigel konnte ich sie kennenlernen, er hatte lebhaft in Erinnerung, welche Zigaretten sie geraucht hat, welche Magazine sie gelesen hat.

Sie als kettenrauchenden Küchen-Drachen zu sehen, ist wieder eine neue Facette.

Bonham Carter: Joan Potter ist die klassische „böse Stiefmutter“. Es war wohl egal, wen der Vater geheiratet hätte — Nigel hätte sie immer gehasst. Zumal Sohn und neue Ehefrau ja beide Konkurrenten waren, weil sie um die Aufmerksamkeit des Vaters buhlen mussten. Ich wollte sie aber nicht als Monster spielen. Sie musste sehr sinnlich, fast etwas nuttig aussehen, darum das blonde Haar und die Zigaretten. Sie war auch viel farbenfroher gekleidet als die leibliche schlicht-elegante Mutter. Sie sollte auf den Jungen wie eine visuelle Beleidigung wirken.

Lassen Sie sich von Ihrem Partner Tim Burton bei der Auswahl der Drehbücher beraten?

Bonham Carter: Manchmal. Bei „Toast“ wusste er, dass ich ihn machen wollte, weil ich mir schon unbewusst einen Birmingham-Akzent zugelegt hatte. Mit jeder Entscheidung für einen Film ist ja viel Logistik verbunden: Wie lange dauert der Dreh? Kann ich an den Wochenenden heim zu den Kindern? Das ging hier alles.

„The King’s Speech“ war mit zwölf Nominierungen und vier Oscars ein riesiger Erfolg. Haben Sie sich gewundert, dass Sie ausgerechnet mit der zurückhaltenden Figur der Elizabeth nominiert wurden?

Bonham Carter: Es hat mich vor allem gewundert, dass ich neben diesen beiden tollen Jungs überhaupt aufgefallen bin. Aber ich kann es sowieso nicht ausstehen, mich selbst im Film anzuschauen. Ich denke oft, dass der Film hätte gut werden können, wenn ich nicht mitgespielt hätte. (lacht)

Hat Ihnen Ihr Beruf geholfen, das Selbstvertrauen zu stärken?

Bonham Carter: Weniger die Schauspielerei als die Tatsache, regelmäßig zu arbeiten. Selbstvertrauen wächst dadurch, dass man das Gefühl hat, einer Gemeinschaft anzugehören und seinen Anteil zu leisten. Aber für eine Achtzehnjährige ist es nicht ungewöhnlich, ein geringes Selbstvertrauen zu haben.

Wie sehen Ihre Kindheitserinnerungen aus?

Bonham Carter: Ich hatte das Glück, wirklich gute Eltern zu haben. Sie haben mir die Gewissheit gegeben, dass sie immer hundertprozentig an mich glauben. Sie hatten Sinn für Humor, waren sehr clever und sind den persönlichen Tragödien unserer Familie mit großer innerer Stärke begegnet.

Sie hatten also auch keine leichte Kindheit — wie Nigel?

Bonham Carter: In gewisser Weise ist mein Vater auch in meiner Jugend verstorben, jedenfalls der, der mir vertraut war. Denn seit ich 13 war, war er schwerbehindert. Eine Operation ist damals furchtbar schief gegangen. Insofern konnte ich gut nachvollziehen, was so ein Verlust mit einem machen kann.

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