Im Osthaus Museum gibt es kein schlechtes Wetter

Kirchner, Schmidt-Rottluff und Co. lassen grüßen: Das Osthaus Museum Hagen zeigt Postkarten der "Brücke"-Künstler.

Im Osthaus Museum gibt es kein schlechtes Wetter
Foto: Osthaus Museum

Hagen. Auch Künstler sind nur Menschen und als solche: schreibfaul. Zum Glück gibt es Postkarten. Der Maler Karl Schmidt-Rottluff brachte es in seinen späten Jahren auf den Punkt: „Da wir alle nicht gerade eifrige Briefschreiber waren, dienten die Karten als kurze Mitteilungen über unsere Arbeit (. . .) und so sind die meisten Karten Skizzen von Bildern und Beobachtungen.“ An Freunde, Galeristen und Sammler gingen die kurzen Grüße. Meist selbst gemalt oder gezeichnet. Über die Jahre entstanden so jede Menge Miniaturkunstwerke. 50 von ihnen sind derzeit im Osthaus Museum in Hagen zu sehen, wo Postkarten der Künstlervereinigung die „Brücke“ gezeigt werden.

Im Osthaus Museum gibt es kein schlechtes Wetter
Foto: Osthaus Museum

Nachdem 1869 die österreich-ungarische Postverwaltung das Format der „Correspondenzpostkarte“ eingeführt hatte, welches ein Jahr später auch vom Norddeutschen Bund angeboten wurde, setzte ein regelrechter Boom ein. Bereits 1879 wurden 120 Millionen Karten jährlich verschickt. Sie wurden in Alben gesammelt, es gründeten sich extra „Philokartisten-Clubs“. Bis zu viermal täglich wurde in Städten die Post ausgeliefert. In Berlin noch häufiger. Karten eigneten sich also wunderbar für kurze Mitteilungen.

Auch die Expressionisten der „Brücke“ konnten sich dem Charme des Mediums nicht entziehen. Zumal sie nicht auf die käuflichen Exemplare angewiesen waren, sondern sich ihr Postkartenmotiv selbst malen konnten.

Das „Brücke“-Museum in Berlin besitzt neben dem Altonaer Museum in Hamburg die größte Sammlung, die in Hagen jetzt komplett zu sehen ist. Ergänzt werden die Postkarten durch Gemälde und Zeichnungen der „Brücke“-Künstler aus dem Osthaus-Museum. Einmal mehr arbeitet das Haus damit in Zeiten knapper Kassen vorbildlich mit dem eigenen Bestand. Alle üblichen Motivkreise sind auf den Karten vertreten. Die Badenden ebenso wie Landschaften, Bildnisse, Atelier- oder Varieté-Bilder. Mal mit fixem Strich gezeichnet, aquarelliert oder als Holzdruck.

Schön sind in der Ausstellung als Faksimiles auch die beschriebenen Rückseiten zu sehen. Und siehe da: Auch, was die Texte angeht, unterscheiden sich die Herren Maler nicht von normalen Menschen.

Erich Heckel schreibt aus Hamburg an die Kunsthistorikerin Rosa Schapire: „Das Wetter lässt sich so schlecht an — da fahre ich doch schon heute weg.“ Während er ein paar Jahre später dem Künstlerkollegen Walter Gramatté aus dem Allgäu schelmisch schreibt, dass er des schönen Wetters wegen schon „viel brauner“ sei als Heckel. Schmidt-Rottluff bedankt sich wiederum bei Rosa Schapire für ihm zugesendete Tafeltrauben mit einer Skizze derselben. Während Ernst Ludwig Kirchner mit seinen stets kurzen Texten einmal mehr seinem Image als mürrischer Einzelgänger gerecht wird. Auf der Karte an Schmidt-Rottluff steht knapp: „Besten Gruß an Dich und Heckel und Frl. Schapire. ELK.“ Wozu auch tausend Worte verlieren?

„Kirchner, Schmidt-Rottluff, Heckel und Pechstein lassen grüßen. Künstlerpostkarten der Expressionisten“, Osthaus Museum Hagen, Museumsplatz 1, di. bis so. 11 bis 18 Uhr, bis 2. November.

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