Jeanne Moreau: Mimin mit Haut und Haaren

Jeanne Moreau wird heute 85 Jahre alt. Seit mehr als 60 Jahren steht sie vor der Kamera.

Paris. Als sie 1957 im Film „Fahrstuhl zum Schafott“ zur Musik von Miles Davis als Florence durch die nächtlichen Straßen von Paris irrte, begann für Jeanne Moreau eine unaufhaltsame Karriere als Weltstar. Regisseur Louis Malle hatte die damals 29-Jährige am Theater entdeckt. Dort galt sie als feinfühlige Charakterdarstellerin, was sie auch sofort auf der Leinwand beweisen konnte. Zwei Gefühle bestimmten die Figur der Florence: Einsamkeit und die Angst, verlassen zu werden. Beides konnten die Kinozuschauer allein in Moreaus Gesicht ablesen, Worte benötigte die leidenschaftliche Schauspielerin nicht.

Heute feiert die französische Mimin ihren 85. Geburtstag, und noch immer steht sie regelmäßig vor der Kamera. Zuletzt war Moreau 2012 neben ihrer Kollegin Claudia Cardinale im Film „O Gebo e a Sombra“ zu sehen. „Ich höre erst auf, wenn ich tot bin“, sagte sie in einem Interview.

Die Filmwelt und ihr Publikum danken es ihr, denn es gibt kaum eine andere Darstellerin, die ein so breites Spektrum an unterschiedlichen Rollen überzeugend verkörpern kann. In rund 150 Filmen durften die Zuschauer sie unter anderem als Femme fatale, Kammerzofe, anarchistische Tänzerin, Verbrecherin und als Braut auf Rachefeldzug bewundern. Mit letzterer Rolle in „Die Braut trug schwarz“ inspirierte Moreau US-Regisseur Quentin Tarantino zu dessen Rache-Epos „Kill Bill“.

Die in Paris geborene Schauspielerin widmet sich ihren Rollen stets mit Haut und Haaren. Wenig überraschend, dass berühmte Regisseure ihr zu Füßen lagen und immer wieder mit ihr arbeiten wollten. Zu Moreaus Favoriten gehörten ihr Entdecker Louis Malle sowie François Truffaut, beide Wegbereiter der „Nouvelle vague“, die sie auch zu ihren Freunden zählte. Zudem drehte sie mit Meistern wie Luis Buñuel, Michelangelo Antonioni, Orson Welles und Rainer Werner Fassbinder.

Ihr Privatleben genoss Moreau in vollen Zügen. Sie habe viele Liebhaber gehabt, sagte sie. Verheiratet war sie zweimal: von 1949 bis 1951 mit dem Schauspieler Jean-Louis Richard (aus dieser Ehe stammt ihr Sohn Jérome) und von 1977 bis 1980 mit dem Regisseur William Friedkin.

2010 beschrieb Moreau, die im Zweiten Weltkrieg auf der Flucht mit ihrer Mutter in einen blutigen Schusswechsel geriet, ihre Einstellung zum Leben mit treffenden Worten: „Ich habe mit dem Tod früh Bekanntschaft gemacht — und mich dann leidenschaftlich ins Leben gestürzt.“

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